Bureau-Ordnung 1863-1872
1.Gottesfurcht,Sauberkeit und Pünktlichkeit sind die Voraussetzungen für ein ordentliches Geschäft.
2. Das Personal braucht jetzt nur noch an Wochentagen zwischen 6 Uhr vormittags und 6 Uhr nachmittags anwesend zu sein. Der Sonntag dient dem Kirchgang. Jeden Morgen wird im Hauptbureau ein Gebet gesprochen.
3.Es wird erwartet,daß alle Mitarbeiter ohne Aufforderung Überstunden machen,wenn es die Arbeit erfordert.
4.Der dienstälteste Angestellte ist für die Sauberkeit des Bureaus verantwortlich. Alle Jungen und Junioren melden sich bei ihm 40 Minuten vor dem Gebet und bleiben auch nach Arbeitsschluß zur Verfügung.
5.Einfache Kleidung ist Vorschrift. Das Personal darf sich nicht in hellschimmernden Farben bewegen und nur ordentliche Strümpfe tragen. Überschuhe und Mäntel dürfen im Bureau nicht getragen werden, da dem Personal ein Ofen zur Verfügung steht. Ausgenommen sind bei schlechtem Wetter Halstücher und Hüte. Außerdem wird empfohlen, in Winterzeiten täglich 4 Pfund Kohle pro Personalmitglied mitzubringen.
6.Während der Bureaustunden darf nicht gesprochen werden.Die Einnahme von Nahrung ist zwischen 11.30 Uhr und 12 Uhr erlaubt. Jedoch darf die Arbeit dabei nicht eingestellt werden. Das Verlangen nach Tabak ,Wein oder geistigen Getänken ist eine Schwäche des Fleisches und als solche allen Mitgliedern des Bureaupersonals untersagt.
7.Ein Angestellter, der Billardsäle und politische Lokale aufsucht, gibt Anlass, seine Ehre, Gesinnung, Rechtschaffenheit und Redlichkeit anzuzweifeln. Weibliche Angestellte haben sich eines frommen Lebenswandels zu befleißigen und jedwede Anstrengung zu unterlassen, die einen männlichen Mitglied des Bureaus in Versuchung führen würde.
8.Der Kundschaft und den Mitgliedern der Geschäftsleitung nebst Familienangehörigen ist mit Ehrerbietung und Bescheidenheit zu begegnen.
Der Angestellte hat die Pflicht, den Chef über alles zuinformieren, was über diesen dienstlich oder privat gesprochen wird. Denken Sie immer daran,daß Sie Ihrem Brotgeber Dank schuldig sind. Er ernährt Sie schließlich.
9.Jeder Angestellte hat die Pflicht, für die Erhaltung seiner Gesundheit zu sorgen. Kranke Angestellte erhalten keinen Lohn. Deshalb sollte jeder verantwortunsvolle Commis von seinem Lohn eine gewisse Summe zurücklegen, damit er bei Arbeitsunvermögen ud bei abnehmender Schaffenskraft nicht der Allgemeinheit zur Last fällt. Ferien gibt es nur in dringenden familiären Fällen. Lohn wird für diese Zeit nicht gezahlt.
10.Zum Abschluß sei die Großzügigkeit dieser neuen Bureauordnung betont. Zum Ausgleich wird eine wesentliche Steigerung der Arbeit erwartet.
Dieser Text ist verschiedenen Arbeitsbestimmungen und Betriebsordnungen von Manufakturen,Comptoirs und Amtsstuben der Jahre 1863 bis 1867 entnommen. Man wollte mit dieser "Reform" eine menschlichere und sozialere Arbeitswelt schaffen.
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