Eine kleine Kirche lud mich ein

  • Eine kleine Kirche lud mich ein

     GSaremba61 antwortete vor 3 Jahren, 3 Monate 2 Teilnehmer · 2 Beiträge
  • Constantia

    Organisator
    15. Juli 2022 um 10:03

    Bei einem Spaziergang in dieser Woche hatte ich ein kleines Dorf ganz in meiner Nähe im Kopf. Längst ist es eingemeindet. Da war man in den letzten 120 Jahren sehr fleißig. Aber sie sind zu erkennen. Meist hat eine Straße dann den Namen Altstriesen, Altleuben, Altlaubegast usw. Ich machte mich auf nach Altseidnitz. Diese kleine Straße zwischen Hauptverkehrsstraße, Einkaufscenter und anderen diversen Bauten lockt mit einem kleinen Schild “Ev.-Luth. Nazarethkirche”.

    Zunächst entdecke ich ein gar nicht dörfliches Gutshaus. Einen Blick sollte man unbedingt dem Armleuchter schenken. Früher ein gern genutzter Ausdruck für einen Taugenichts. Ich kannte ihn bisher nur als vornehme Umschreibung für “Ar…..” Gegenüber ist so einiges Grün zu sehen. Hier befand sich mal der Dorfteich. Mit dem Bau eines Wasserwerkes in Elbnähe (1896 – 1898) sank der Grundwasserspiegel. Der Teich verschwand. Umweltprobleme vor 125 Jahren.

    Linker Hand stehen eine ganze Reihe alter, aber sanierter, gut aussehender Häuser. Rechts weist mir wieder das Kirchenschild den Weg.

    Ich stehe vor dem Eingang eines Hofes und sehe auch schon den Eingang zur Kirche. Es ist das Gebäude einer Scheune. Das ganze Gelände ist das ehemalige Goschmannsche Gut. Im 2. Weltkrieg war die Scheune stark beschädigt. Erst notdürftig repariert wurde sie dann mit ein paar bürokratischen Tricks zur Kirche ausgebaut. Am 2. Advent 1951 wurde sie geweiht. Auf einen Turm auf dem Gotteshaus musste verzichtet werden. Die Gesamtbaukosten betrugen damals 74 800 Mark. Vor der Kirche steht ein Glockengestühl: Bronzeglocke aus dem Glatzer Bergland. Schon auf dem Hamburger Glockenfriedhof für die Einschmelzung zur Waffenproduktion im 2. Weltkrieg vorgesehen, gerettet und 1952 aufgestellt.

    Eng verbunden mit der im Krieg zerstörten und danach abgerissenen “Ehrlichen Gestiftskirche” finden sich vor dem Eingang zwei betende “Stiftskinder”. Sie und das Kruzefix zum Altar jener Kirche. Den Namen “Nazarethkirche” erhielt sie am 12. Januar 1953 in Verbindung mit der ebenfalls in dieser Gegend befindlichen und im gleichen Jahr entstandenen Bethlehemkirche.

    Klein, schlicht und doch so voller Emotionen. Zunächst sehe ich in Altarnähe ein Klavier stehen. Noch während ich denke, dass ein Klavier der Kirchengröße angebracht ist und mich umdrehe, entdecke ich sie. Eine Schleifladenorgel mit mechanischer Traktur (Hauptwerk: vier Register und vier Pedalregister) und Rückpositiv (sechs Register) von der Orgelbaufirma Schuster Zittau lese ich später. Kosten 14 800 Mark. Inzwischen hat sie eine aufwendige Reinigung und Instandsetzung hinter sich.

    Über den Sommer sind in der Kirche und auch im Gemeindesaal Bilder einer Malerin zu sehen. Farbenfrohe Motive der Stadt, leicht ins naive gehende Malerei. Gefällt mir gut.

    Ich darf sogar noch den Pfarrer begrüßen und führe ein wohltuendes Gespräch mit einer Mitarbeiterin.

    Nun ist es aber Zeit weiterzugehen. Am anderen Ende der “Altseidnitz”-Straße findet sich noch eine alte Schule in guter Nachbarschaft mit der moderneren Bildlungseinrichtung. Gegenüber dann schon die Plattenbauten der 70iger. In der Nähe der Straßenbahnhaltestelle ein Sühnekreuz.

    Ich bin wieder in der Gegenwart angekommen. Schade, es war so schön, so ruhig, so besinnlich.

    Für mich auch spannend zu erleben, kirchliches Leben entstand auch in Zeiten, wo es heute kaum einer zu finden glaubt.

    Constantia

    PS: Die meisten Fakten habe ich einen Artikel aus dem “Elbhangkurier” und einem Flyer der Kirche entnommen. Fotos alle von mir und auch einige Fakten entstammen meinem über die Jahre gesammelten Wissen.

  • GSaremba61

    Teilnehmer
    15. Juli 2022 um 14:13

    Wunderschön, Constantia, verführt zur Reise um es zu erleben. Beim Lesen Deiner Beschreibung kehrte schon bei mir die Ruhe ein und ich war ganz erschrocken, dass ich dann doch wieder so schnell in der Gegenwart angekommen war – am Ende des Berichtes.

    Geschmunzelt habe ich über den Armleuchter. Mal ganz einfach – ein Taugenichts ist ein A….Wink Und ja, ich sage nie… doch Armleuchter kommt mir leicht über die Lippen. Innocent

    Schönes WE

    GeSa

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