1995 gab es einen kleinen Beitrag von mir in einem Puppenmagazin.Ich habe darin erzählt, wie mit meinem Hobby alles begann, mittlerweile ist Mütterle schon seit 22 Jahren nicht mehr am Leben und das größte meiner Miniaturhäuser hat schon lange ein Dach! hier also die Geschichte:
Die Hausarbeit ist getan,und wie so oft sitze ich mit meiner alten Mutter gemütlich bei einer Tasse Kaffee. Und, wie so oft,erzählt sie mir von ihrer Kindheit im Waisenhaus.
Da gab’s nicht viel zu lachen für ein Kind ohne Angehörige im Jahr 1920. Doch zu Weihnachten bekamen die Kinder etwas Besonderes zu sehen. Da war dieser große Schrank im Speisesaal, fest verschlossen das ganze Jahr.Aber Weihnachten wurden die Schlüssel gedreht, die Türen weit geöffnet, und zum Vorschein kam ein riesiges Puppenhaus, mit allen Herrlichkeiten ausgestattet.
Meine Mutter seufzt jedes Mal versonnen.Und ich frage sie immer wieder, was es denn alles in dem schönen Puppenhaus gegeben habe. Sie überlegt, schaut verdutzt und gibt zu, daß sie sich eigentlich nur genau daran erinnern kann, daß neben dem Eingang ein Wandtelefon gewesen sei, für die damalige Zeit eine Sensation, alles andere sei leider aus der Erinnerung entschwunden.
Ich möchte meine Mutter dieses Puppenhaus noch einmal schauen lassen, da es die einzige schöne Erinnerung aus achtzehn Jahren Waisenhaus zu sein scheint. Ich rufe in der noch immer bestehenden Einrichtung an, um mein Anliegen vorzutragen. Die freundliche Nonne am Empfang weiß nichts von einem Puppenhaus . Aber da gibt es eine neunzig Jahre alte Ordensschwester, die sich noch gut an die alten Zeiten erinnern kann.
Die greise Vinzentinerin ist ganz begeistert, so gefordert zu sein und verspricht, herauszufinden, was mit dem Puppenhaus geschehen ist. Vielleicht hat das Stadtmuseum seine Finger nach einer solchen Rarität ausgestreckt,oder steht es etwa eingemottet auf dem Dachboden des alten Stifts? In einer Woche darf ich wieder anrufen , dann weiß sie Bescheid, so wahr sie Schwester Jucunda ist .
Endlich ist die Woche vorüber,und ich greife bang zum Telefon.Mütterchen sitzt mir gespannt gegenüber. Doch- schlechte Nachrichten.Der Gebäudeflügel mit Speisesaal und Puppenhaus ist den Bomben des zweiten Weltkrieges zum Opfer gefallen.Als mein Mann am Abend unsere traurige Geschichre hört, hat er einen wundervollen Einfall: “warum bauen wir nicht ein Puppenhaus um ein Wandtelefon drumherum?”
Alle sind begeistert und helfen tatkräftig mit, sogar unsere Tochter, die ansonsten mit Nostalgie nicht viel am Hut hat.Meine Mutter, im Waisenhaus zur Schneiderin ausgebildet, näht die Kleidchen für die zwanzig von mir selbstgemachten Bewohner des Hauses.
Jetzt, nach drei Jahren Bastelarbeit, ist das Puppenhaus bis auf die Dachetage fertig, und meine alte Mama kann, so oft sie möchte, mit leuchtenden Augen davorstehen, nicht nur zur Weihnachtszeit.
Tja, das war der Anfang der ” Katastrophe” denn in den folgenden Jahren ist die Sammlung auf 135 selbstgebaute Miniaturhäuser und Stuben angewachsen und wir betreiben ein privates Museum in Zusammenarbeit mit dem städtischen Heimatmuseum.