Schreibfreunde
Öffentlich / Hobby & Freizeit
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Gibt’s noch mehr Foristen hier, die – wie ich – in Ihrer Freizeit schreiben? Ich würde hier gern über Selbstverfasstes reden, Ideen entwickeln oder auch einfach nur mal “lesen”. Schreibst du gerne Geschichten? Lass uns daran teilhaben.
Jeder altert anders (I. Manfred)
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Jeder altert anders (I. Manfred)
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I. Manfred (75 Jahre)
MAN IST SO JUNG WIE MAN SICH FÜHLT
Die Generation vor mir gehörte mit spätestens 65 Jahren zum alten Eisen. Aber heute sind die Menschen mit siebzig noch so fit wie früher nicht einmal mit fünfzig. Und mit fünfzig ist man doch nicht alt!
Ich jedenfalls fühle mich noch jung. Ich bin ja auch gerade erst über siebzig! Klar, es geht nicht mehr alles so wie mit zwanzig. Manchmal ist einfach auch der Bauch im Weg. Das bleibt nicht aus, wenn man gutes Essen schätzt.
Ein bisschen gesetzter geworden bin ich natürlich schon mit der Zeit. Ich gehe eben alles entspannter an. Früher bin ich oft zum Bus gelaufen, wenn ich aus dem Haus trat und ihn schon kommen sah. Heute mache ich das nicht mehr. Wozu auch?
Beim Umzug in diese kleinere Wohnung habe ich das breite Bett abgegeben. Es war mir immer schon zu hart. Den Lehnstuhl habe ich aufarbeiten lassen. Man sitzt darin wunderbar aufrecht. Die Couch benutze ich heute nur noch für meine Siesta.
Ja, zugegeben, manchmal knackt es in meinen Knien, aber ich habe noch kein einziges künstliches Gelenk wie schon viele meiner gleichaltrigen und selbst jüngeren Freunde. Grau sind die alle geworden – man glaubt es kaum!
Ich bin froh, dass ich in dieser Wohnung viel Hilfe bekomme. Meine Wäsche wird gewaschen und die Reinemachefrau kommt jede Woche. So muss ich nicht mehr auf eine Leiter. Sollte ich vielleicht auch nicht. Manchmal wird mir schwindelig – aber nur, wenn das Wetter umschlägt.
Große Reisen mache ich nicht mehr. Was soll ich in Australien oder Südamerika? Hier in Deutschland gibt es so viel, was ich noch nicht gesehen habe. Außerdem ist eine organisierte Busreise an den Rhein klimamäßig gesünder und viel bequemer als zu Fuß nach Macchu Picchu zu steigen.
Aus der Zeit als ich noch arbeitete, habe ich noch einen Mantel im Schrank hängen, den ich jetzt nur noch ganz selten brauche. Er ist von bester Qualität und nahezu unverwüstlich. Er passt auch noch. Damals trug man ja alles weiter als heute.
Als mein Auto kaputt ging, habe ich kein neues mehr gekauft. Der Umwelt zu Liebe bin ich auf den ÖPNV umgestiegen. Ich ärgerte mich ohnehin ziemlich oft über die rüpelhaften Fahrer, die dauernd hinter mir hupten.
Meinen Freund François werde ich deshalb wohl nicht mehr wieder sehen. Er ist fast zehn Jahre älter als ich und reist nicht mehr. Mit dem Zug nach Südfrankreich zu fahren, ist selbst mir zu umständlich.
Manches geht auch nicht mehr so leicht wie früher. Klar, auch ich habe hier und da ein Zipperlein. Ich sehe aber keinen Grund, dass es mir im Alter schlechter gehen sollte als heute. Mein Blutdruck ist gut eingestellt, der Herzschrittmacher funktioniert tadellos, und den Zucker habe ich im Griff. Im Grunde habe ich nichts, das mich einschränkt. Ich muss nur ein bisschen vorsichtiger sein auf der Straße, will ja keinen Unfall riskieren. Ich liebe mein Leben viel zu sehr, als dass ich Wochen davon mit einem Gipsbein in meiner Wohnung verbringen möchte. Bei einer Erkältung bleibe ich heute auch zu Hause. Ein Arzt kommt bei Bedarf ins Haus und ich will ja niemanden anstecken. Wie leichtsinnig war man da doch früher!
Im Grunde bin ich noch jung. Das Geburtsdatum bedeutet doch nichts. Die paar Falten im Gesicht und die grauen Haare machen mich interessanter als ein unbeschriebenes Blatt.
Nur mein Körper will manchmal nicht mehr ganz so wie ich möchte. Ich würde tagelang Walzer tanzen, wenn nur dieser dumme Schwindel nicht wäre.
Noch einmal zwanzig sein? Herrlich wäre das! Immer unter Strom! Feiern und Feten, die Nacht zum Tage machen, leichtsinnig, vollgepumpt mit Adrenalin. Das wünsche ich mir noch einmal!
Das geht aber wohl doch nicht mehr!
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Was für eine offene, anschauliche, ehrliche, anspruchsvolle und mutige Geschichte vom ICH. Vielen Dank dafür, liebe Mondin. Du hast es insziniert: den Spiegel erhoben und mehr gesehen als mancher, der einfach nur hineinschaut und dann weg, der eher den Änger und das Ungemach sieht, als die Farben und Formen an einem und um einen herum. Der auch akzeptiert, was geht und was…heute anderes geht und damit zufrieden ist. Und, ja – sicher; auch ein wenig wehmütig der eigenen Jugend hinterher schaut. Es mag abgedroschen klingen: Man ist so alt, wie…..
Doch was steht wirklich noch über dem Gefühl? Viele Grüsse, Driftwood
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@Mondin …auch ich finde die Geschichte mit “Blick in den Spiegel” mutig und gut geschrieben…In manchem, was du beschreibst, erkenne ich mich wieder. Doch den Schwindel, der vor paar Jahren fast täglich mein Begleiter war, den wurde ich wieder los. Inzwischen bin ich nach Monaten “eingesperrt” in die Wohnung fast schon wieder flott unterwegs. Naja, nicht allein, sondern mit meinem “Caprio”. Wenn dann in meinem weit verstreuten Freundeskreis die erstaunte Frage kommt: “…wie jetzt, Caprio, hast du wieder ein Auto…?” Dann kläre ich auf, dass mein Cabrio ein Rollator ist. Immerhin gab mir ein netter Nachbar den Tipp, ich solle aufpassen, dass ich nicht geblitzt werden und daran denken, dass wir in einer 30iger Zone wohnen…Nun, ich “arbeite” d`ran, smile.
Auch diesen Kommentar gab es, z.B. aus meiner Verwandschaft kam dieses “Urteil”: “… was, du mit Rollator ? Das heißt, jetzt bist du behindert ?” – Behindert werde ich und zwar von den “Huggelpisten”, die sich in meiner Umgebung Fußwege nennen. Meine Schultern jedenfalls sind not amused, auch mein Caprio hat mir schon gezeigt, wie er die Wege findet und gleich mal ein nicht so gut befestigtes Teil abgeworfen. Da meine Ohren noch gut sind, habe ich es bemerkt und eingesammelt. – Seitdem bewege ich mich ganz mutig immer wieder mal entgegen der Fahrtrichtung auf der Strasse.
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@Driftwood, meine Geschichte ist das nicht. Eher ein Beispiel. Aber es läuft schon darauf hinaus, dass viele die Umstände ihres Alters verdrängen. Solche Geschichten springen mich an, wenn ich jemanden von den “jung gebliebenen Alten” reden höre. Sie mögen sich “gut erhalten” haben, aber jung sind sie dennoch nicht. Oder wenn mir jemand erzählt, er sei rundum gesund bis auf . . . und dann kommt die übliche Latte von Erkrankungen.
@Happyday, wie schön, dass Du wenigstens den Schwindel wieder los geworden bist. Ich habe ihn latent immer – mal mehr mal weniger. Bestimmte Bewegungen gehen einfach nicht mehr (z.B. länger nach oben schauen). Meiner 13 Jahre jüngeren Freundin erzählte ich davon und sie meinte, das wolle sie aber nicht haben. Ich erwiderte ihr, sie würde sich noch wundern, womit man sich alles abfindet! Wer will schon all die Beschwerden, die uns mit dem Alter überfallen? Letztendlich sind wir doch eher dankbar, dass wir es bis hierher geschafft haben und einigermaßen zurecht kommen.
@Syringia gibt ein gutes Beispiel dafür, wie man sich einrichtet, und dass es noch genug gibt, worüber wir uns freuen können.
Mondin
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Eigentlich ginge es mir gut, wenn… Es ginge mir gut, abgesehen von der RZA, die mich seit 2 Jahren begleitet, die aber gut unter Kontrolle ist und mich nicht weiter behindert.
Eigentlich wäre ich also fit für ausgedehnte Gassis mit meinem Hund und sonstige Wege, wenn da nicht die Dornwarze auf dem Gelenk meiner großen Zehe wäre! Es soll verschiedene Warzenarten geben, die keine Schmerzen verursachen, aber meine tut das schon, – und ob!!! Wieviele Schuhe habe ich schon probiert, die nicht gerade an dieser Stelle eine Naht haben, die auf die Warze drückt! Wieviele Fußcremes, Polster etc. habe ich schon probiert. Jetzt sehne ich die warme Jahreszeit herbei, wenn ich Sandalen tragen kann, die an der bewußten Stelle ein Fenster haben!
Ansonsten bin aber dankbar, daß es mit eigentlich gut geht
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