Das fängt ja gut an

  • Das fängt ja gut an

      antwortete vor 4 Jahren 3 Teilnehmer · 5 Beiträge
  • Unbekannt

    Teilnehmer
    12. Oktober 2021 um 18:29

    Guten Morgen

    „Morning has broken”, weckt mich mein Radiowecker. Ich blinzele auf die

    Uhr. Kurz vor sieben und stockdunkel. Ist es wirklich schon so spät? Ich hieve

    mich aus dem Bett und gehe ins Badezimmer. Einen Blick in den Spiegel sagt

    mir: „ Du bist noch nicht richtig wach.” Egal ich wasche die fremde Frau mir

    gegenüber. „Siehst schon besser aus,” sage ich zu mir selbst. Ich tapse in die Küche.

    Erst mal Frühstück machen. Die Butter hätte ich wohl besser draußen stehen lassen.

    Ich nehme sie aus dem Kühlschrank, steinhart, na ja bis der Kaffee fertig ist, wird sie

    sich wohl streichen lassen. Ich hole die Kaffeedose aus dem Schrank. Klatsch, sie

    rutscht mir aus der Hand, und der Kaffee verteilt sich in meiner Küche. „Schei…benkleister“, fluche ich, der Morgen fängt ja gut an. Kehrschaufel und Handfeger aus dem Besenschrank

    holen. Ich öffne die Türe, und zong, knallt mir der Besenstiel vor die Birne. Mist,

    geht denn heute alles schief? Ich kehre das Kaffeepulver zusammen. Etwas ist noch in der Dose, welch ein Glück für zwei Tassen reicht es noch. Meine ganze Küche ist jetzt ein duftendes Kaffeereich. Ich stelle die Kaffeemaschine an und decke schnell den Tisch. Die Kaffeepulvergeschichte war nicht eingeplant. Ich muss mich sputen. Die Zeit läuft. Schnell,

    schnell, anziehen und kämmen. Durch die Verzögerung, ist die Butter jetzt streichfähig, na also geht doch. Für ein gemütliches Frühstück ist keine Zeit mehr. Ich erledige alles im Stehen. Ich schmiere mir ein Brötchen mit Marmelade, und trinke einen Schluck Kaffee, autsch zu heiß. Jetzt habe ich mir die Zunge verbrannt. Zur Krönung fällt mir mein Brötchen

    runter und natürlich auf die Marmeladenseite. Ich könnte in die Luft gehen. Ich versuche die Marmelade vom Teppich zu kratzen und dabei die andere Brötchenhälfte zu vertilgen.

    Ein Blick auf die Uhr sagt mir keine Zeit mehr. „Guten Morgen liebe Sorgen, seid ihr auch schon alle da, schießt es mir durch den Kopf. Genau so fühle ich mich jetzt. Fertig gefrühstückt, noch die Zähne putzen, bloß nichts vergessen. Ich ziehe meinen Mantel an. Tasche, Fahrkarte, Brille, Schlüssel gehe ich meine persönliche Checkliste durch. Tür zu

    und weg.

    Draußen ist es ungemütlich, grau und kalt. Ich hetze zur Bushaltestelle. Der Busfahrer steht draußen und raucht. Ein Blick auf meine Uhr sagt mir, ich hätte gar nicht so rennen müssen,es ist noch mindestens 5 Minuten bis zur Abfahrt. Sicher macht der Fahrer jetzt die Türe zu, und sagt wie üblich: „Ich habe noch Pause.” Mir ist kalt und überhaupt dieser Morgen. „Bitte, steigen Sie ein,” werde ich freundlich vom Fahrer angesprochen, dabei lächelt er. „Danke das ist aber nett.” antwortete ich und steige ein. Der Morgen ist plötzlich gar nicht mehr so grau.

    Kurz darauf betritt der Busfahrer den Bus. Er setzt sich hinter das Steuer. Über Lautsprecher erklingt ein fröhliches: „ Guten Morgen”. Es sitzen jetzt mehrere Fahrgäste im Bus. Alle schauen irgendwie verwundert. So eine Begrüßung, das ist außergewöhnlich. Beim

    Ausstieg der Fahrgäste erklingt ein freundliches: „ Auf Wiedersehen, haben Sie

    noch einen schönen Tag.”. Alle Leute haben plötzlich gute Laune. Man sieht es

    ihnen an. Sie lächeln und einige sagen auch: „Danke das wünschen wir ihnen auch.”

    ” Der ist bestimmt neu. Das wird sich ändern, wenn er länger fährt,” lässt sich eine

    Dame hören. Ein älterer Herr stimmt zu. „ Ja das ist wirklich selten.”„ Ich finde, das liegt auch daran, wie man sich selbst verhält, melde ich mich zu Wort. Man erwartet höfliches

    Benehmen vom Fahrer, und schimpft, wenn er es nicht ist. Wie höflich sind wir denn?

    Grüßen wir, wenn wir einsteigen? Das hat auch was mit Respekt zu tun. Diese Leute

    fahren an Sonntagen und Feiertagen. Viele Fahrgäste wünschen den Busfahrern noch nicht mal schöne Weihnachten. Als ich das beim letztem Mal tat, sagte der Busfahrer: „ Sie sind

    die Erste die mir das wünscht, und ich fahre schon mehrere Stunden.” Er hat sich richtig

    gefreut und mich angelächelt. Einige der Leute haben unser Gespräch wohl mitbekommen.

    Sie nicken stumm, bemerke ich als ich mich umsehe.„Ja, da haben sie recht, ein wenig Freundlichkeit kostet doch nichts, pflichtet mir der ältere Herr zu.” Ich bin an meinem Ziel angekommen und steige aus. „Einen schönen Tag wünsche ich Ihnen.” tönt es aus dem Lautsprecher.Ich lächele und nicke dem Fahrer zu. Vielleicht habe ich ja mit meinen Worten

    ein bisschen zum Nachdenken angeregt, und der Umgang mit Fahrer und Fahrgästen

    wird etwas freundlicher.

    Als ich an der Ampel stehe fährt der Bus an mir vorbei. Ich winke und der Fahrer

    winkt lächelnd zurück. Schön, wenn er so freundlich bliebe, ich fahre viel mit dem Bus

    und werde es erfahren. Mir hat dieser nette Fahrer meinen grauen Morgen verdrängt,

    fröhlich trete ich meinen Weg zur Arbeit an.

    Oft sind es eben diese kleinen Dinge, die das Leben ein klein wenig bunter machen.

    Übrigens ich bin noch öfter mit diesem Busfahrer gefahren, er ist immer noch freundlich.

    Ende

  • Driftwood

    Teilnehmer
    13. Oktober 2021 um 14:03

    @lachegern was für eine alltägliche Geschichte, die doch so “unalltäglich” ist. Gerade darin liegt die Besonderheit – aus dem täglichen Karussell eine Fahrt zu machen, die einem Sonntagsausflug gleichkommt. Und dies nicht einmal mit mehr Mitteln, sondern nur mit dem kleinen Invest an Freundlichkeit und Achtung – eine eigentlich alltägliche Sache.

    Ganz großen Dank an dich, lachegern. “Morning has broken but the day has lovely talken”. LG Driftwood

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