Tatsächlich können Vegatarier und Veganer häufiger als andere unter wirklich krankhaften, depressionsartigen Symptomen leiden.
Mehr depressive Episoden
Ein Forscherteam um Vivian Luft von der Bundesuniversität Rio Grande do Sul in Brasilien analysierte als „depressiv“ eingestufte Episoden von über 14.000 brasilianischen Männern und Frauen und deren Ernährungsverhalten, das mit Hilfe eines Fragebogens erfasst wurde. Bei Letzterem fokussierte man sich auf den Fleischverzehr, während andere Faktoren wie etwa die aufgenommene Kalorienmenge sowie der Alkohol-, Vitamin- und Mineralienkonsum herausgerechnet wurden. Die Forschenden kommen im „Journal of Affective Disorders“ zu dem Schluss, bei Nicht-Fleischkonsumenten träten „depressive Episoden etwa doppelt so häufig auf wie bei Fleischkonsumenten“.
Die brasilianischen Ernährungswissenschaftler und Epidemiologen betonen jedoch, dass ihre Studie keinen kausalen Schluss zulässt. Es ist also nicht gesagt, dass ein vegetarischer Speiseplan – etwa aufgrund seines geringen Eisen- und Vitamin-B12-Gehalts oder eines Unterangebots bestimmter Fettsäuren – auf die Stimmung drückt.
Die Studienautoren diskutieren etwa die Möglichkeit, dass eine bereits bestehende Depression die Wahrscheinlichkeit erhöht, sich für eine vegetarische Ernährung zu entscheiden, „beispielsweise aus Schuld- oder Empathiegefühlen gegenüber den Tieren“. Zudem erhielten depressive Menschen, sofern sie deswegen in Behandlung sind, oft Medikamente, die zu Übergewicht führen können. Dies könnte ebenfalls ihre ausgeprägte Neigung zu einer oft – aber nicht immer – kalorienärmeren fleischlosen Kost erklären.
Was ist Ursache, was Wirkung?
Auch Chris Bryant von der Universität im englischen Bath vermutet die Ursachen für die stärkere Depressionsneigung von Vegetariern jenseits ihrer bevorzugten Nahrungsmittel. So könne, wie der Psychologe erklärt, die Entscheidung für den Vegetarismus „die Beziehungen zu anderen Menschen und die Teilnahme an sozialen Aktivitäten beeinträchtigen und manchmal mit Hänseleien oder anderen Formen der sozialen Ausgrenzung verbunden sein“. Das erhöhe das Depressionsrisiko.
Tatsächlich sind Vegetarier und insbesondere Veganer – sie verzichten nicht nur auf Fleisch, sondern auch auf Eier, Milchprodukte und andere tierische Nahrungsmittel – immer noch beliebte Diffamierungsobjekte. Und das gilt nicht nur für traditionell fleischlastige Länder wie Brasilien, sondern auch für Deutschland, wo Veggie-Restaurants mittlerweile allgegenwärtig sind. Laut aktuellen Umfragen beklagen über 90 Prozent der Veganer hierzulande, schon einmal Ausgrenzung oder Diskriminierung wegen ihres Ernährungsstils und der Begründungen dafür erlebt zu haben. Rund 70 Prozent haben sich demnach sogar den Vorwurf des Extremismus anhören müssen.
Dass Stimmungsschwankungen oder tatsächlich auch echte Depressions- Symptome zumindest zum Teil ernährungsphysiologische Gründe haben können, gilt aber auch als wahrscheinlich. Vitamin B12 etwa nehmen vor allem Veganerinnen und Veganer normalerweise zu wenig mit ihrer Nahrung auf.
Mögliche Nährstoffmängel
Sie sollten über Nahrungsergänzungsmittel für Ausgleich sorgen. Zudem können manche Menschen das im Nervensystem wirkende Vitamin schlecht über den Darm aufnehmen. Hier sind dann teilweise Injektionen sinnvoll. Auch bestimmte Omega-3-Fettsäuren und Proteinbausteine, deren Fehlen sich auf das seelische Befinden auswirken kann, kommen vor allem in veganer Kost nicht oder vergleichsweise wenig vor.