Startseite Foren Literaturzirkel Wir lesen gemeinsam: Theodor Storm "Der Schimmelreiter"

  • Wir lesen gemeinsam: Theodor Storm "Der Schimmelreiter"

     etaner34 antwortete vor 2 Jahren, 12 Monate 5 Teilnehmer · 29 Beiträge
  • Unbekannt

    Unbekannt
    19. April 2021 um 15:05

    Willkommen!

  • seestern47

    Teilnehmer
    19. April 2021 um 15:08

    Danke für den Beginn und Happy Birthday zum Geburtstag BouquetBirthday!

    Ich husche mal an mein Regal. Ich habe noch eine Reclamausgabe.

    LG

    seestern47

  • etaner34

    Teilnehmer
    22. April 2021 um 12:30

    Ja, @Fiets

    In diesem Erzählrahmen kommt schon die unheimliche Erscheinung des Schimmelreiters vor, die dann zum Aufhänger der Geschichte gemacht wird. Es wird eine bedrohliche Atmosphäre heraufbeschworen.

  • Wattfrau

    Teilnehmer
    23. April 2021 um 12:14

    seestern, schön, dass es seit 1960 einen realen Hauke -Haien-Koog gibt. Kann mich noch gut

    an die Einweihung des Kooges erinnern.

    Das Theodor Storm Haus ist geöffnet und Husum ist mal wieder, auch wegen der niedrigen

    Inzidenzwerte, eine Reise wert.

    Theodor Storm wurde bei uns im Heimatkundeunterricht durchgenommen.

  • etaner34

    Teilnehmer
    23. April 2021 um 14:44

    @Wattfrau

    Kann es sein, dass in Deinem heimatnahen Schulunterricht auch die folgende Ballade über die sagenhafte in der Nordsee versunkene Stadt Rungholt vorkam?

    Detlev von Liliencron

    Trutz, blanke Hans

    Heut bin ich über Rungholt gefahren,

    Die Stadt ging unter vor sechshundert Jahren.

    Noch schlagen die Wellen da wild und empört,

    Wie damals, als sie die Marschen zerstört.

    Die Maschine des Dampfers schütterte, stöhnte,

    Aus den Wassern rief es unheimlich und höhnte:

    Trutz, Blanke Hans!

    Von der Nordsee, der Mordsee, vom Festland geschieden,

    Liegen die friesischen Inseln im Frieden.

    Und Zeugen weltenvernichtender Wut,

    Taucht Hallig auf Hallig aus fliehender Flut.

    Die Möwe zankt schon auf wachsenden Watten,

    Der Seehund sonnt sich auf sandigen Platten.

    Trutz, Blanke Hans!

    Mitten im Ozean schläft bis zur Stunde

    Ein Ungeheuer, tief auf dem Grunde.

    Sein Haupt ruht dicht vor Englands Strand,

    Die Schwanzflosse spielt bei Brasiliens Sand.

    Es zieht, sechs Stunden, den Atem nach innen

    Und treibt ihn, sechs Stunden, wieder von hinnen.

    Trutz, Blanke Hans!

    Doch einmal in jedem Jahrhundert entlassen

    Die Kiemen gewaltige Wassermassen.

    Dann holt das Untier tief Atem ein,

    Und peitscht die Wellen und schläft wieder ein.

    Viel tausend Menschen im Nordland ertrinken,

    Viel reiche Länder und Städte versinken.

    Trutz, Blanke Hans!

    Rungholt ist reich und wird immer reicher,

    Kein Korn mehr faßt der größeste Speicher.

    Wie zur Blütezeit im alten Rom,

    Staut hier täglich der Menschenstrom.

    Die Sänften tragen Syrer und Mohren,

    Mit Goldblech und Flitter in Nasen und Ohren.

    Trutz, Blanke Hans!

    Auf allen Märkten, auf allen Gassen

    Lärmende Leute, betrunkene Massen.

    Sie ziehn am Abend hinaus auf den Deich:

    „Wir trotzen dir, blanker Hans, Nordseeteich!“

    Und wie sie drohend die Fäuste ballen,

    Zieht leis aus dem Schlamm der Krake die Krallen.

    Trutz, Blanke Hans!

    Die Wasser ebben, die Vögel ruhen,

    Der liebe Gott geht auf leisesten Schuhen.

    Der Mond zieht am Himmel gelassen die Bahn,

    Belächelt der protzigen Rungholter Wahn.

    Von Brasilien glänzt bis zu Norwegs Riffen

    Das Meer wie schlafender Stahl, der geschliffen.

    Trutz, Blanke Hans!

    Und überall Friede, im Meer, in den Landen.

    Plötzlich wie Ruf eines Raubtiers in Banden:

    Das Scheusal wälzte sich, atmete tief,

    Und schloß die Augen wieder und schlief.

    Und rauschende, schwarze, langmähnige Wogen

    Kommen wie rasende Rosse geflogen.

    Trutz, Blanke Hans!

    Ein einziger Schrei – die Stadt ist versunken,

    Und Hunderttausende sind ertrunken.

    Wo gestern noch Lärm und lustiger Tisch,

    Schwamm andern Tags der stumme Fisch.

    Heut bin ich über Rungholt gefahren,

    Die Stadt ging unter vor sechshundert Jahren.

    Trutz, Blanke Hans?

  • Wattfrau

    Teilnehmer
    23. April 2021 um 17:37

    @etaner34

    Ja, auch Rungholt wurde im Heimatkundeunterricht behandelt.

    Als meine Mutter schon stark dement war, konnte sie diesen Text von D. von Liliencron immer noch auswendig vortragen.

    Achim Reichel hat diese Ballade vertont und als wir ihr das vorgespielt haben,

    hat sie geweint. Das sind bewegende Erinnerungen

  • Wattfrau

    Teilnehmer
    23. April 2021 um 18:04

    @etaner34

    “Die Stadt” von Storm ist euch sicher bekannt : Am grauen Strand, am grauen Meer….

    Mein Großonkel (friesischer Heimatdichter) hat folgendes veröffentlich:

    “Du übertreibst, O Theodor”

    Wenn wo die Rede ist von Husum

    spricht man nur von der “grauen” Stadt.

    Ich will hier öffentlich bekennen,

    ich habe diesen Ausdruck satt.

    Ihn prägte einst der große Dichter.

    Doch geht man mal rein sachlich vor,

    muß einwandfrei man konstatieren:

    Du übertreibst, o Theodor!

    Ist Husum grauer als die andern?

    Als Tönning, Heide, Itzehoe?

    Und ist der Strand am Nordseedeiche

    hier graulicher als anderswo?

    Der Nebeldruck auf uns’re Häuser,

    bekümmert Dich anscheinend sehr.

    Als ob er Druck der Hypotheken,

    nicht ganz bedeutend schwerer wär!

    (es folgen noch 3 Strophen)

    (Dr. Lorenz C. Peters)

    Ich finde Onkels Antwort an Storm köstlich.

  • etaner34

    Teilnehmer
    24. April 2021 um 14:52

    @Wattfrau

    Ich „kenne“ Husum von zwei kurzen Besuchen nur sonnig, bin aber Nordseefan (war bis 2018 jährlich im Spätherbst auf Amrum) und habe natürlich auch die trübe Seite dieser „Erdregion“ erlebt.

    „Die Stadt“ habe ich in Schulzeiten mal auswendig gelernt und „liebe“ dieses Gedicht. Aber die poetische Antwort gefällt mir auch.

    @etaner34

  • etaner34

    Teilnehmer
    24. April 2021 um 15:12

    @Fiets @Wattfrau

    @seestern47

    „Mit denen zu verkehren, die mit ihm auf der Schulbank gesessen hatten, fiel ihm nicht ein, auch schien es, als ob ihnen an dem Träumer nichts gelegen sei.“

    Gäbe es ihn, den jungen Hauke Haien, und lebte er heute, würden besorgte Sozialpsychologen sich auf den Plan gerufen fühlen.

    Der Storm-Leser wird durch den Autor eher zu Sympathie und Respekt vor dem jungen Mann „geführt“.

    @etaner34

  • etaner34

    Teilnehmer
    28. April 2021 um 10:54

    @Fiets

    Das besonders Verhängnisvolle ist in diesem Zusammenhang, wie die Denkfaulheit, Phantasielosigkeit, Unkenntnis bei unerschütterter Selbstsicherheit umso zwangsläufiger zum „Untergang“ führen, als es Hauke auf Grund seines spröden Charakters nicht möglich ist, Sympathien zu gewinnen, eher im Gegenteil sich Gegner macht.

    Mir ist mal anderes, weniger „politisch“ Aktualisierbares aufgefallen.

    An der Art, wie die Entwicklung der Liebesbeziehung zwischen Hauke und Elke beschrieben wird, überzeugt mich insbesondere die Darstellung der kargen Dialoge, die vor allem die Unsicherheit und Schüchternheit des Mannes kennzeichnet.

    Manches andere erscheint mir allerdings klischeehaft.

    Es fällt auf, dass das Äußere des Mädchens Elke aus der Perspektive des Hauke nur in wenigen mehrfach in Variationen wiederholten Merkmalen beschrieben wird: seine Aufmerksamkeit scheint auf die Augen des Mädchens fixiert.

    „Er kannte sie freilich, das ranke achtzehnjährige Mädchen mit dem bräunlichen schmalen Antlitz und den dunklen Brauen, die über den trotzigen Augen und der schmalen Nase ineinanderliefen; doch hatte er noch kaum ein Wort mit ihr gesprochen“

    „Die Dirne schien von dort ihre Augen über den Deich hinaus nach dem Meer zu haben, wo an dem stillen Abend die Sonne eben in das Wasser hinabsank und zugleich das bräunliche Mädchen mit ihrem letzten Schein vergoldete.“

    Hauke stieg etwas langsamer an der Werfte hinan und dachte bei sich: ›So ist sie nicht so dösig!‹

    Hauke hörte nicht auf diesen Zuspruch, denn Elke war in die Stube getreten und nahm mit ihrer leichten Hand die Reste der Speisen von dem Tisch, ihn mit ihren dunkeln Augen flüchtig streifend. Da fielen seine Blicke auch auf sie. ›Bei Gott und Jesus‹, sprach er bei sich selber, ›sie sieht auch so nicht dösig aus!‹“

    „Sie sah ihn halb lächelnd aus ihren dunkeln Augen an.“

    „zur Seite stand das Mädchen mit den Rätselbrauen und sah scharf aus zornigen Augen auf ihn hin“

    „und die dunkeln Brauen standen ihr wie zornig in dem heißen Antlitz.“

    „Noch ein paar Augenblicke suchten ihre Augen auf dem Boden; dann hob sie sie langsam, und ein Blick, mit der stillen Kraft ihres Wesens, traf in die seinen, der ihn wie Sommerluft durchströmte.“

    Besonders mit dem letzten Zitat habe ich Schwierigkeiten. Grenzt das an Kitsch?

    @etaner34

Beiträge 1 - 10 von 18

Sie müssen angemeldet sein, um zu antworten.

Hauptbeitrag
0 von 0 Beiträge June 2018
Jetzt

Verstoß melden

Schließen