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     realo antwortete vor 9 Monate, 3 Wochen 18 Teilnehmer · 116 Beiträge
  • Yossarian

    Teilnehmer
    11. Januar 2025 um 9:43

    Moin, @Carlinette . In unserem Alltag gibt es viele Rituale, doch nur wenige, die mit Aufwand verbunden sind und viel Zeit in Anspruch nehmen. Über die christlichen Gottesdienste weiß ich wenig und auf der Suche nach populärwissenschaftlichen Texten über Rituale stieß ich auf diese Abhandlung. Solche in einen größeren Kontext eingebundene R. haben durch ihre symbolischen Handlungen etwas Fesselndes.

    Bei der Seele muss ich Widerspruch einlegen. Nach meinem mageren Verständnis der christlichen Version der Seele ist das etwas ewiges, das jenseits allen Körperlichen existiert. Die Existenz eines solchen ewigen Etwas hat der Buddha bestritten. Es gibt nichts ewiges, weil alles Existierende unbeständig ist. Was du mit “Geist” meinst ist mir nicht klar, das musst du näher erklären.

  • realo

    Teilnehmer
    11. Januar 2025 um 11:40

    @Zoe An diese Probleme stoße ich immer wieder, bei mir ist die Seele nicht die christliche, die beim Tod gen Himmel steigt, sondern lateinisch Seele und griechisch Psyche. Sie wird in der Psychologie behandelt, eine Wissenschaft. Rituale tun der Seele/Psyche gut, sie strukturieren den Alltag, stabilisieren die Gefühlslage und das alles ohne christlichen Glauben. Die Rituale in der Kirche können das auch, aber es ist an die Abhängigkeit des Glaubens an Gott gebunden. Das sind die Probleme, an die ich immer wieder stoße, etwas Gutes für die Seele/Psyche tun ist nicht an die Religion großer Kirchen gebunden, im Gegenteil, ohne dem geht es noch viel besser. Wenn ich als Ritual eine Gehmeditation anberaume, ein Spaziergang, immer derselbe Weg, dann habe ich mir das selber ausgedacht ohne Vorlage. Ich habe erkannt, durch Versuch und Irrtum, wenn ich eine anspruchsvolle Beratung hatte, mir anschließend ein Spaziergang in der grünen Natur gut für den Ausgleich meiner Psyche tut. So habe ich das Ritual, bei Stress spazieren gehen, eine Entdeckung von mir selbst.

  • Genuss

    Teilnehmer
    11. Januar 2025 um 13:09
    • „Religiöse Leute sind wie Softwareentwickler: Sie haben immer ein Update für ihre Überzeugungen.“

  • Carlinette

    Teilnehmer
    11. Januar 2025 um 19:33

    Grüß dich, @Yossarian ! Der Geist löst sich lt. buddhistischer Lehre beim Tod nicht auf, sondern sucht sich so lange eine neue materielle (ergo unbeständige) Existenz, wie er sich nicht durch gutes Karma, Meditation und Wohltätigkeit aus dem zwangsmäßigen Kreislauf des Daseins befreit hat. Und auch im Nirvana geht der Geist nicht unter. Stichwort Seelenwanderung, wobei wir wieder bei der Seele sind. Aber mit realen Personen in unserem Sinne hat der Geist nicht viel zu tun.

    Nun, das sind alles Dinge, die zwar gelehrt werden, aber gleichzeitig ist jeder aufgerufen, für sich selber derartige Aussagen auf den Prüfstein zu stellen und sie anzunehmen oder eben auch nicht. Gezweifelt werden darf (bzw. sogar soll) sowohl bei den Buddhisten als auch bei den evangelischen Christen. Über den ziemlich umfangreichen Rest der Menschheit kann ich nicht viel sagen Rolling Eyes So glaube ich weiter, dass du eine Seele hast, aber selbstverständlich ohne von dir zu erwarten, dass du das auch glaubst! Und du sollst gerne glauben, dass ich keine Seele habe!

    Zu guter Letzt, meine Großmutter hatte einen Hund, den sie sehr liebte, und sie sagte immer, das sei “eine Seele von Hund”. Wenn schon der Hund meiner Oma eine Seele hatte, wie soll es dann angehen, dass Yossarian keine hat? Erklär mir das mal Face With MonocleSmile

  • Yossarian

    Teilnehmer
    11. Januar 2025 um 20:03

    @Carlinette Woher hast du diese Angaben über die buddh. Lehre? Mit dem Theravada vertragen sie sich auf keinen Fall. Es gibt im Theravada auch keine keine Seelenwanderung, allein schon aus Mangel an einer Seele (die wir erst einmal genauer definieren sollten). Bei den Mahayana-Traditionen bin ich nicht absolut sicher, aber es wird mit ziemlicher Sicherheit auch nicht anders sein. Beim Thema Reinkarnation muss ich tatsächlich noch mal nachlesen, was da in ein neues Dasein eintritt. Ich habe das vor etlichen Jahren bei Ayya Khema gelesen, aber mich danach nicht mehr interessiert.

    Ich war ca. 15 Jahre in einer am Theravada orientierten Meditations- und Gesprächsgruppe und deswegen kann ich hauptsächlich dazu etwas sagen. Mit den Mahayana-Traditionen bin ich nicht warm geworden.

  • Carlinette

    Teilnehmer
    11. Januar 2025 um 20:22

    Hi @Yossarian, das habe ich gerade mal nicht aus dem Internet wie neulich den Panamakanal, sondern aus über 10 Jahren Praxis bei den tibetischen Buddhisten. Inzwischen war ich dort schon lange nicht mehr – aber gerade heute zu “Besuch” bei den Za-Zen-Leuten hier vor Ort.

    Du hast Recht mit der “Seele”, eine solche kommt bei den Tibetern auch nicht vor. Der Begriff Seelenwanderung ist weniger zutreffend als Reinkarnation, aber ich denke, das gibt sich nicht viel. Immer auch eine Frage der Übersetzung! Da die Lehrer vermeiden möchten, dass im Westen verwendete Begriffe falsche Assoziationen wecken, kann es auch passieren, dass Geist und Seele gar nicht so weit auseinanderliegen, sondern nur anders genannt werden. Es geht immerhin um universale Züge des Menschen (scheint mir – natürlich gibt es dazu andere Ansichten, z.B. dass es eine Psyche gibt, aber keine Seele und auch keinen Geist).

    Wie nennt man denn im Theravada das “Teil”, das durch Meditation trainiert und durch positive Handlungen karmisch gereinigt wird?

  • Yossarian

    Teilnehmer
    11. Januar 2025 um 21:29

    @carlinette Okay, besonders mit dem tibetischen Buddhismus habe ich nie etwas anfangen können. Mir steckt da zuviel vom Bön, der alten tibetischen Religion drin. Für meinen Geschmack war das zu weit von der ursprünglichen Lehre abgewichen, vor allem, nachdem der Dalai Lama Bön als eine sprituelle Richtung des tibetischen Buddhismus anerkannt hatte. Dann neige ich schon eher zu Stephen Batchelor, der versucht hat, die ursprüngliche Lehre von den später hinzu gekommenen religiösen Verzierungen zu trennen.

    Wie man das nennt, das in der Meditation trainiert wird, ist eine gute Frage, weil mir kein wirklich passender Ausdruck einfällt, der nicht schon im alltäglichen Sprachgebrauch eine festgelegte Bedeutung hat. Es ist das, was wir als das Selbst oder das Ich empfinden, das aber nur eine Illusion ist, weil es in Wirklichkeit ein in ständigem Fluß befindlicher Prozess ist. Kürzer kann ich es nicht formulieren. Die Auflösung dieses Etwas ist das Ziel der Meditation, aber ich muss das wirklich nochmal nachlesen.

    • Dieser Beitrag wurde vor 9 Monate, 3 Wochen von  Yossarian bearbeitet.
  • Yossarian

    Teilnehmer
    12. Januar 2025 um 8:55

    Moin, @Carlinette Vergiss den letzten Beitrag von Gestern. Ich habe lange über deiner Frage gegrübelt und gemerkt, dass sie mich ins Schleudern brachte. Ich wusste einfach nicht, worauf du hinaus wolltest. Wie so oft in solchen Fällen erschien die Antwort in dem Moment, als das Grübeln aufgab. 🙂

    Der Trugschluss bei der Frage ist, dass es da etwas gäbe, was trainiert bzw “gereinigt” wird. Eine der zentralen Lehren und die meiner Meinung nach am schwersten zu verstehende ist die von der Leerheit aller Dinge. Da ist nichts außer einer Sammlung von karmischen Faktoren, kein Selbst, kein Ich, keine Seele, nur bedingtes Entstehen.

    Ich bin eine faule Socke und dachte mir, dass ChatGPT die Antwort besser formulieren kann als ich. Deshalb stellte ich zwei Fragen: Was besagt die buddh. Lehre von der Leerheit aller Dinge und Was wird nach buddh. Lehre wiedergeboren?

    Antwort 1: “Die buddhistische Lehre von der Leerheit (Shunyata) besagt, dass alle Dinge und Phänomene keine eigenständige, unabhängige Existenz besitzen. Stattdessen sind sie leer von einem permanenten, unveränderlichen Selbst. Sie existieren nur in Abhängigkeit von anderen Bedingungen und Faktoren, was bedeutet, dass alles miteinander verknüpft und vergänglich ist. Diese Einsicht hilft, das festgefahrene, egozentrische Denken zu überwinden und das Verständnis zu fördern, dass das, was wir als „selbst“ oder „Dinge“ wahrnehmen, in Wahrheit lediglich eine temporäre und bedingte Erscheinung ist.

    In der Praxis bedeutet die Lehre der Leerheit, dass wir unsere Anhaftung an festen Vorstellungen und das Streben nach dauerhaften, unveränderlichen Dingen loslassen. Sie soll helfen, das Leiden zu überwinden, das aus falschen Auffassungen über die Realität entsteht.

    Antwort2: “Nach buddhistischer Lehre wird nicht das “Selbst” oder ein unsterblicher, unveränderlicher Kern wiedergeboren, sondern eine Ansammlung von geistigen, physischen und karmischen Faktoren, die als „Karma“ bezeichnet werden. Dieser Prozess wird oft als „Wiedergeburt“ beschrieben, aber er ist eher eine Kontinuität des Bewusstseinsstroms, der von einem Leben ins nächste übergeht. Es ist ein kontinuierlicher Fluss von mentalen und physischen Prozessen, die aufgrund von Handlungen (Karma) und Absichten aus früheren Leben beeinflusst werden.

    Die Idee der Wiedergeburt im Buddhismus unterscheidet sich also von einer Vorstellung eines „Seelen“-Übertrags, wie er in vielen westlichen Religionen existiert. Stattdessen geht es darum, dass die Handlungen und die Geisteszustände, die wir kultivieren, Auswirkungen haben, die über unser aktuelles Leben hinausreichen und zukünftige Erfahrungen prägen.

    Bei dieser Antwort finde ich allerdings den “Bewusstseinsstrom” fragwürdig, weil er leicht zu der falschen Annahme führt, dass doch irgendetwas vom “Ich” wiedergeboren wird.

    Ist damit deine Frage beantwortet?

    • Dieser Beitrag wurde vor 9 Monate, 3 Wochen von  Yossarian bearbeitet. Begründung: die üblichen Fipptehler
  • realo

    Teilnehmer
    12. Januar 2025 um 13:13

    Das ist ja interessant, ich praktiziere den japanischen Zen-Buddhismus seit zwanzig Jahren, jedoch auf weine mitteleuropäische Art übersetzt. Bin kein Japaner, dann muss ich auch nicht so handeln. Buddhas Lehren sind für mich mit heutiger Psychotherapie vergleichbar und so gehe ich damit um. Buddhismus ist keine Religion, sondern eine Lebensanschauung und Zen ist eine strengere Form davon. Der Raum der Leerheit spielt eine Rolle. Ich hatte meine Wohnung zum Zen buddhistischen Kloster ausgerufen und ein Zimmer war der Raum der Leerheit, das Meditationszimmer. Ich selbst war natürlich der Zen-Meister dieser Lebensgemeinschaft von Pflanzen, Tieren und Menschen. In dem von mir praktizierten Buddhismus kommt weder die Erleuchtung, noch die Reinkarnation vor, die Hauptmotive von gehorsam und regelkonformen Leben, ich lebe einen selbstständigen Buddhismus mit voller eigener Verantwortung für die Gestaltung des Daseins. Diese Lebensform gibt mir Energie, Freude und Kraft, die negativen Gefühle zu überwinden. Die Studien Buddhas Lehre und die der Psychotherapie, sowie das Umsetzen im Alltag haben mir die Stabilität ermöglicht, die ich heute im Alter empfinde. Da bin ich sehr dankbar.

  • Carlinette

    Teilnehmer
    12. Januar 2025 um 17:18

    Hallo @Yossarian, ja ich denke, dem ist nicht mehr viel hinzuzufügen! Hat mich gefreut, mal zusammen ein bisschen mehr in die Tiefe zu schürfen!

    @realo, danke auch dir. Echt interessant, was du diesmal von dir selbst erzählst, und sehr positiv! Ich musste schmunzeln über die Lebensgemeinschaft von Pflanzen, Tieren und Menschen in deiner Ein-Mann-WG. Das Schöne am Buddhismus ist in meinen Augen u.a., dass auch andere Lebewesen als wir selber gewürdigt werden. Noch heute versuche ich, so oft wie möglich die Spinnen lebend in den Garten zu befördern, statt sie plattzuquetschen. Aber es bleiben immer noch welche in irgendeiner Ecke übrig: Die WG geht weiter!

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