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@seestern47 Das mit dem zweiten Verlust kann ich nachvollziehen, wenn auch nicht verstehen. Aber es bedeutet doch nur, dass die Betroffenen sich nicht endgültig mit ihren Gefühlen auseinandergesetzt haben und den Avatar dazu benutzten, vor dieser Beschäftigung mit sich selbst zu flüchten. Ich bin wohl zu kopfgesteuert um das zu verstehen.
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@Yossarian, vieles von dem, was du schreibst, kann ich gut nachvollziehen, gerade den Gedanken, dass jede technische Annäherung immer nur ein Bruchstück des Menschen abbilden kann.
Aber, wenn solche Avatare oder sogenannte Deathbots Teil des Alltags werden, besteht die Gefahr, dass der Trauerprozess nie wirklich abgeschlossen werden kann. Trauer braucht irgendwann auch ein Loslassen. Bleibt die „Beziehung“ technisch bestehen, wird dieses Loslassen unterlaufen.
Hinzu kommt, meiner Ansicht nach, ein weiterer, sehr problematischer Aspekt: Verschwindet ein solcher Avatar – etwa durch technische Probleme, Geschäftsaufgabe eines Anbieters oder Datenverlust – erleben Angehörige unter Umständen einen zweiten Verlust. Man spricht hier bereits von second loss, also einem erneuten „Sterben“. Das kann emotional extrem belastend sein und langfristig psychische Folgen nach sich ziehen (siehe Sendung ttt).
Und nun nicht lachen 😉: ich habe einen lesenswerten Artikel gefunden, der in der Apotheken Umschau erschienen ist:
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Beitrag von 9:09
Guten Morgen, liebe Seestern – nachdem ich das mir unbekannte Adjektiv gegoogelt habe, weiß ich genau, was du meinst! 😆😁😀Wünsche dir eine schöne Vorweihnachtszeit – Ricarda01🙋♀️🎄
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Ricarda01 geändert.
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Was soll ich sagen, @seestern47 ? Das haut mich nicht vom Hocker. Mein erster Gedanke war, wie wohl die Menschen vor 200 Jahren bei dem Gedanken reagiert hätten, einen Film des verstorbenen Menschen zu sehen, vielleicht sogar einen Tonfilm? Heute ist das für uns eine Selbstverständlichkeit, aber die hätten es sicher ganz anders empfunden, einen toten Menschen wieder in Bewegung zu sehen und ihn sogar sprechen zu hören. In 50 Jahren wird es vielleicht täuschend ähnliche Puppen geben, die von einer KI „beseelt“ so aussehen und handeln wie die abgebildete Person.
Was macht das mit der Trauer? Es forciert vermutlich die Auseinandersetzung mit den eigenen Emotionen. Wobei ich die Trauer ohnehin nur begrenzt nachvollziehen kann. Was passiert dabei? Wir beklagen in erster Linie den eigenen Verlust und darum sollten wir uns Gedanken machen. Vor vielen Jahren habe ich im Überseemuseum in Bremen eine Sonderausstellung gesehen, die den Totenkult irgendwo in der Südsee zeigte. Dort ist die Totenfeier keine Klage um den eigenen Verlust, sondern eine Party, bei der gefeiert wird, dass der Verstorbene jetzt in ein besseres Leben geht. Das hat mich sehr nachdenklich gemacht, denn deren Umgang mit dem Tod beschäftigt sich wirklich mit dem Toten, statt den eigenen Verlust in den Vordergrund zu stellen.
Eine KI, die so redet wie ein verstorbener Mensch, eventuell mit so einem Klotz vor den Augen ein bewegtes Abbild zeigt, ist letztendlich doch nur ein Bruchteil dessen, was die Person tatsächlich war oder ist. Es ist eine Momentaufnahme, eine Erweiterung des Tonfilms, die für immer und ewig das Gleiche zeigt. Selbst wenn die KI aus der Interaktion mit dem Betrachter Verhaltensänderung zeigte wäre es schon nicht mehr der/die Verstorbene.
Das ist das Einzige, was ich dabei interessant finde. Jede Interaktion beinflusst die Beteiligten. Folglich ist die KI nach einem Dialog nicht mehr die Gleiche wie vorher. Was ergibt sich aus dem Gedanken, dass die KI sich durch eine Interaktion exakt genauso verändert, wie es bei dem/der Verstorbenen geschehen wäre?
Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, den Film „A.I. Artificial Intelligence“ von Stanley Kubrick noch einmal aus einem neuen Blickwinkel zu sehen.
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Eine Beratung kann die KI nicht, dazu braucht man menschliches Einfühlungsvermögen in die individuelle Situation, aber eine Beichte abnehmen geht. Der Mensch artikuliert laut und deutlich seine Sünden, bereut, bekommt von der KI drei ‚Vater unser‘ auf und den Segen, fertig. Es geht nicht um die Äußerung der KI, es geht um die deutliche und bewusste Artikulation des Menschen. Es aussprechen worin der Schuh drückt, das ist therapeutisch wertvoll und gegenüber der KI möglich.
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Ich sehe dieses „Gerät“ als psychologischen Berater, nicht mehr aber auch nicht weniger. Das kann hilfreich sein. Eine Beichte wird dabei aber nicht abgenommen.
Missbrauch? Bei der Beichte hatte ich nie Angst, dass ich „verpetzt“ werde – aus damaliger kindlicher Sicht. Und ich fühlte mich immer erleichtert und habe sehr gern meine Buße auf mich genommen:
20 x und mehr das „Gegrüßet seist du Maria“ zu beten.
Als Erwachsene kam ich nie auf die Idee, das ich mißbraucht werden könnte. Eine Beichte findet immer anonym statt. Ich gebe meinen Namen nicht preis, keiner weiß wer ich bin. Aber doch hat mich ein Gefühl dazu veranlasst, immer einen Pastor zu wählen, der mich nicht kannte!
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Guten Morgen, liebe Seestern – ‚weiterleben lassen‘ – hört sich für mich außerordentlich gruselig an! Und erinnert mich an Science Fiction Romane, die wir früher gelesen haben. Gut, dass ich die ’schöne neue Zeit‘ nicht mehr erleben muss….. Schöne neue Woche – Ricarda01
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Ich sehe durchaus den möglichen Nutzen, den du ansprichst – etwa als niedrigschwellige Unterstützung oder als erster Impuls in schwierigen Situationen.
Gleichzeitig möchte ich das Thema gern weiterführen. In der Sendung ttt wurde gestern darüber berichtet, wie KI dazu genutzt wird, Menschen digital „weiterleben“ zu lassen. In Form von Podcasts, Chatbots oder Avataren können Hinterbliebene mit Verstorbenen weiter kommunizieren. Möglich machen das Plattformen, auf denen entweder zu Lebzeiten digitale Profile angelegt werden oder Angehörige nachträglich Material wie Fotos, Sprachaufnahmen, Chatverläufe und Fragebögen hochladen.
Was zunächst futuristisch klingt, ist bereits Realität – und wirft für mich viele Fragen auf. Welche Folgen hat das für den Trauerprozess? Und wie ist es ethisch zu bewerten, wenn solche Angebote vor allem von kommerziellen Interessen getragen werden?
Diese Entwicklung beobachte ich mit großer Skepsis.
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Das ist ja keine Beichte, zumindest nicht die Art, wie ich sie bisher verstanden habe. Einerseits ist das gut, denn die Beichte, bei der man seine Verfehlungen preisgibt und Vergebung erlangt, ist ein Machtinstrument der Kirche und lädt zu Missbrauch ein. Dieser KI-Jesus sagt wohlweislich zu Beginn, dass man nicht persönliches preisgeben soll. Also ist dies mehr ein Ratgeber. Wenn der so anbiedernd ist wie Microsofts Copilot, dann werden das Ratschläge auf Glückskeks-Niveau. Andererseits werden Systeme getestet, die grundlegende psychologische Hilfestellung bieten sollen und dann könnte dieser Bildschirm-Jesus eine sinnvolle Aufgabe finden.
Bei meiner tief verwurzelten Abneigung gegen die kath. Kirche bin ich sehr voreingenommen.
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Diese Antwort wurde vor 2 Tagen, 17 Stunden von
Yossarian geändert. Grund: die üblichen Fipptehler
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Diese Antwort wurde vor 2 Tagen, 17 Stunden von
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