Startseite Foren Menschenkenntnis Frage des Monats: Welche Erfahrung hat Ihr Leben geprägt?

  • Sangoma

    Mitglied
    22. Dezember 2023 um 10:06

    Du kannst deine Biographie nicht mehr fertig schreiben und machst dir trotzdem die Mühe? Wozu, wenn du die Lorbeeren nicht mehr ernten kannst? Man lebt nur einmal.

    LG Hubert

  • realo

    Mitglied
    22. Dezember 2023 um 9:51

    Ihr werdet es nicht glauben, aber ich bin geprägt sein den Ahnen, den Urgroßeltern, den Großeltern und den Eltern bis heute, seit dreißig Jahren selbstständig ohne Herkunftsfamilie, mit eigener Familie, Mutter, Vater, Kind. Jetzt alle prägenden Geschichten aufzuführen aus dieser Zeitspanne würde hier zu weit führen. Ich schreibe seit geraumer Zeit an meiner Autobiografie, sehr detailliert und befürchte, dass sie zu meinen Lebzeiten nicht mehr fertig wird, aber das macht nichts. Meine Selbstprägung oder Selbstreflexion hat mich auf einen Weg geführt bis heute, den ich gerne gehe, trotz aller Schwierigkeiten. Ich habe die Nachkriegszeit nicht erlebt, kenne es vom Erzählen und habe mir das Überleben in dieser Epoche zum Vorbild genommen. Nicht der Überfluss ist erstrebenswert, sondern mit Verzicht überleben können. Eine Prägung aus der DDR Zeit ist, als das materielle Gut nicht im Vordergrund stand, das zwischenmenschliche Miteinander. Wir brauchten nur ein paar Stöcker und Stoffstücke und spielten damit die tollsten Geschichten, draußen, im Wohnviertel von Berlin. Wir haben viel Fantasie entwickelt und so wurde das Wohnhaus zur Ritterburg oder die Tochter von nebenan zum Burgfräulein, weil sie immer so lieb und schüchtern guckte.

  • GSaremba61

    Mitglied
    21. Dezember 2023 um 19:04

    Ich mache es kurz und bündig – meine Eltern = Erziehung und ihre Erfahrung, sowie die meiner ganzen Familie. Besonders alle Erfahrungen, die ich im Leben erleben durfte und auch musste. Entscheidend ist daraus zu lernen und ja, auch die positiven Seiten aus allem zu erkennen.

    GeSa

  • Tejon

    Mitglied
    21. Dezember 2023 um 14:31

    Die wichtigste Erfahrung die ich gemacht habe ist : Hilf Dir selbst, dann hilft Dir Gott.

    Viele Menschen habe ich kennengelernt, viele habe ich rasiert, aber immer darauf geachtet niemanden zu schneiden. Viele haben mich zu ihren Freunden gezählt, aber keiner ist in der Not geblieben. Bis auf eine. Mein Lebensbegleiter, mein Helfer in der Not, der Mensch der immer an meiner Seite stand bei Sonne und Regen, wenn alle tausend Ausreden hatten, sie war da. Wenn die Augen feucht wurden hat sie sie getrocknet und wenn ich lachte, lachte sie immer mit.

    Von wem ich schreibe? Von meiner Frau, die seit sechzig Jahren an meiner Seite steht.

  • Holzhacker

    Mitglied
    2. Dezember 2023 um 18:03

    1964, ich war 23 Jahre alt und wollte nach 3 Jahren Australienaufenthalt per Schiff auf Urlaub zurück nach Deutschland. Zwischenstopp unter anderen in Bombay. Da kam eine Dame an Bord die mich faszinierte wie keine Frau bis dahin. In Genua trennten sich unsere Weg. Sie fuhr nach London um eine Stelle als Sekretärin anzutreten, und ich Richtung Köln.Nach mehreren Besuchen in London verlobten wir uns und in 1965 heirateten wir hier in Deutschland. Unsere Ehe war mit zwei wunderbaren Söhnen gesegnet. Wir bereisten alle Kontinente und lebten ein Leben wie im Traum. 2015 feierten wir unsere Goldene Hohzeit und im gleichen Jahr verstarb sie nach schwerer Krankheit, die sie mit unvergleichlicher Geduld ertragen hat. Noch heute danke ich meinem Schicksal, das mir diese wunderbaren 50 Jahre geschenkt hat.

  • malonia

    Mitglied
    6. November 2023 um 22:16

    Danke Webra für Deine Schilderung, die ich gut nachvollziehen kann.

    Ich wurde 1942 im Osten Deutschlands geboren, kam vom ersten Tag an auf eine Säuglingsstation, später Kinderkrippe und mit 2 Jahren zu Pflegeeltern. Ich erinner mich gut an das ständige Treppauf-Treppab, jedes Mal, wenn die Sirenen heulten, ging es in den Keller. So manches Mal saßen wir tagelang dort unten, und geschlafen wurde auf Holzbrettern.

    1945 kamen die Alliierten und bombten alles zusammen, was ihnen unter die Augen kam.

    Beide Nebenhäuser wurden zerbombt, unser Haus blieb stehen…………ein Wunder. Bei diesen Bombardierungen verlor ich meine ganze Familie, wie man mir später erzählte. Gut, ich kannte sie ja nicht, trotzdem weinte ich als ich es erfuhr.

    Dann folgten Jahre des Hungers und der Entbehrungen, es gab Lebensmittelmarken, aber das reichte kaum. Fleisch kannte ich überhaupt nicht, wenn wir Glück hatten gab es mal einen halben Liter Fleischbrühe, der Schwarzmarkt blühte, Kohlen haben wir Kinder stibitzt um wenigstens zu Weihnachten ein warmes Zimmer zu haben, und mein Pflegevater ging aufs Land, arbeitete beim Bauern für ein paar Kartoffeln.

    Dann starb mein Pflegevater, und ich kam in ein Kinderheim.

    Diese Zeit hat mich stark geprägt, bis heute habe ich da Nachwirkungen. Und die Zeit im Heim war auch nicht besser.

  • Cocco

    Mitglied
    3. November 2023 um 23:58

    23:17 Danke Webra @Webra …ähnliche Erfahrungen waren auch für mich so prägend, dass ich noch heute keine Scheibe Brot wegwerfen kann und insgesamt zu schätzen weiß, wie frei und zufrieden ich leben darf…

  • Webra

    Mitglied
    3. November 2023 um 23:17

    „Findet die Prägung eines Menschen nicht schon in früher Kindheit statt?“

    malonia 2 Nov.

    Hallo malonia

    ich bin 1933 geboren und habe meine Kindheit in Dortmund verbracht.

    Als Industriestadt erster Güte wurde Dortmund im Zweiten Weltkrieg

    permanent bombardiert. Jede Nacht 2 bis 3 Mal Fliegeralarm.

    Wir schliefen, bis auf unsere Schuhe, voll angezogen in den Betten.

    Zwischen dem Heulen der Sirenen und dem Fallen der ersten Bomben vergingen nur ein paar Minuten. Im Luftschutzkeller unseres Hauses verharrten wir angstvoll. Nicht nur Frauen und wir Kinder, nein, auch „gestandene Männer“ beteten das Vaterunser.

    Eines Nachts wurde unser Haus von einer Bombe getroffen und stürzte über uns zusammen.

    3volle Tage waren wir verschüttet, bis man uns ausgebuddelt hatte.

    Nicht nur wir Kinder weinten, nein, auch die Erwachsenen taten es und flehten Gott um Hilfe an. Wir hatten aber eine Lichtquelle, ein aufgebocktes Fahrrad mit einem Dynamo. Das gehörte, neben einer Stahltüre und Deckenstützen zu jedem Luftschutzkeller. Ich weiß nicht,

    wie ich es ohne dieses Licht ausgehalten hätte. Eine große Hilfe war für mich, dass unsere Mutter uns immer erzählte, dass jedes Kind einen Schutzengel hat. Ich hatte noch einen älteren und jüngeren Bruder. Im Zimmer über unseren Betten hing ein großes Bild.

    Darauf ging ein Kind über einen schmalen Steg über einen reißenden Bach. Hinter diesem

    Kind ging ein Engel, der schützend seine Arme ausgebreitet hielt. Dieser Schutzengel war für

    mich so real, dass ich überzeugt war, er wird auch jetzt über mich wachen. Diese Überzeugung hat mir die drei Tage wesentlich leichter gemacht.


    Da die Bombenangriffe immer stärker wurden, wurden Frauen mit Kindern evakuiert.

    Wir kamen in ein kleines Dorf im Sudetenland. Vom Krieg haben wir da fast nichts gemerkt.

    Am 10. Mai 1945, zwei Tage nach Kriegsende, haben wir ein paar Habseligkeiten auf zwei

    Handwagen gepackt und uns zu Fuß auf den Rückmarsch nach Dortmund gemacht.

    Ich musste meinen 6 Monate jungen Bruder im Kinderwagen schieben. Vater war Anfang

    1945 auf Heimaturlaub gewesen. Ende August 1945 kamen wir in Dortmund an.

    Über diese Zeit könnte ich einen ganzen Roman schreiben. Ich schreibe aber nur über

    einen Zustand, der mich für mein ganzes Leben geprägt hat. DER HUNGER.

    Es gab überhaupt keine amtlichen Stellen, die sich um uns gekümmert hätten. Alles musste

    selbst organisiert werden. Betteln und stehlen waren an der Tagesordnung.

    Mich haben diese Bombennächte und Hungermonate geprägt

    Mir ist bewusst geworden, was fürs Überleben wichtig ist.

    Ein voller Bauch, eine warme Höhle oder Nest und eine ruhige, angstfreie Nacht.

    Seit dem dieser Zustand wieder erreicht war, waren alle anderen Bedürfnisse Nebensache.


  • Sangoma

    Mitglied
    3. November 2023 um 6:02

    @Mondin ,so waren schon immer. Eimal ein Hoch dann wieder ein Tief. Jetzt lernt Europa mal ein bisschen Bescheidenheit. Hab trotzdem einen schönen Tag.

    LG Hubert

  • happyday

    Mitglied
    2. November 2023 um 22:57

    Es war mehr als eine Erfahrung, die mein Leben geprägt hat. –

    Zu einer Zeit als ich sowohl privat wie auch beruflich unter enormen Druck stand, lernte ich einen Schweden kennen. Gegen jede „Regel der Vernunft“ wurden wir ein Paar. Er zeigte mir seine „Welt“ und vieles von der Leichtigkeit des Lebens, was ich schon völlig verlernt zu haben schien. Zwar hatte unsere Liebe auf Dauer keine Chance, doch er hat einen Platz in meinem Herzen.

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