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Februar 33 - Der Winter der Literatur
In den Jahren 1954 und 1955 drehte die DEFA zwei Filme über Ernst Thälmann. Ich habe sie später als Schulkind dann gemeinsam mit meiner Mutter im Fernsehen erlebt. Wie analysierte man sie nach der Wende – ein Propagandawerk. Sicherlich. Mir aber ist eine Sequenz dieses Filmes in Erinnerung geblieben. SA oder SS-Typen marschieren eine Straße lang. Rechts und links Wohnhäuserzeilen. Auf geht es lautstark in einen Eingang. Sekunden später stürzt ein Mensch aus der obersten Etage schreiend in die Tiefe. Unklar war für mich bis heute, waren es diese Nazis oder ist er aus Angst selbst gesprungen? Meine Mutter sagte nur in etwa, ja so war es.
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In diesen Tage bin ich auf das Buch „Februar 33 – Der Winter der Literatur“ von Uwe Wittstock aufmerksam geworden. Er beschreibt tagebuchartig die Zeit zwischen dem 28. Januar 1933 bis zum 15. März des gleichen Jahres. Rasend schnell entsteht aus der Weimarer Republik eine bis zu diesem Zeitpunk unvorstellbare Diktatur. Der Autor Uwe Wittstock beschränkt sich auf die deutsche Literatur, auf deren Autoren. Wie kam es, dass Heinnrich Mann, so schnell aus der Preußischen Akademie der Künste ausgeschlossen war? Was bewegte andere, das Land so schnell wie möglich zu verlassen? Warum blieben andere zunächst und waren dann doch über Nacht verschwunden? Was machten die, die gerade nicht in Deutschland waren?
Am Ende jedes Kapitels zeigt Wittstock Brutalitäten dieser Tage auf. Kurz, Nachrichten ähnlich.
Was mich an diesem Buch besonders beeindruckt hat ist die Sachlichkeit des Autors. Kein erhobener Zeigefinger, keine Vergleiche zu Gegenwart. Kein „Wenn … – dann wäre.“ Bis vielleicht in den ersten Kapiteln, die anzeigen, wie die Grippeerkrankungen zunehmen. Aber vielleicht drängt sich nur mir diese Parallele auf.
Am Ende habe ich wieder die Bilder und die Verbindung zu dem obengenannten Filmen vor Augen. Die Wucht des Buches ist für mich die Tatsache „Zwischen dem Regierungsantritt Hitlers und der Notverordnung zum Schutz von Volk und Staat, die alle wesentlichen Bürgerrechte außßer Kraft setzte, vergingen vier Woche und zwei Tage.“ (Uwe Wittstock)
Das Buch wird mich wohl noch eine geraume Zeit beschäftigen.
Uwe Wittstock
Februar 33 Der Winter der Literatur
C.H. Beck, Preis 24 Euro
https://www.thalia.de/shop/home/artikeldetails/A1060475414
Constantia
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