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  • Energie und Klima - Heuchelei statt Taten

      antwortete vor 1 Jahr, 4 Monate 7 Teilnehmer · 9 Beiträge
  • Unbekannt

    Unbekannt
    18. Oktober 2022 um 11:35

    Während westliche Organisationen afrikanische Länder auffordern, Gas und Kohle im Boden zu lassen, kauft Deutschland selbst in Südafrika ein.

    In Afrika macht ein neues Schlagwort die Runde: Ökokolonialismus. Damit ist keine erneute Unterwerfung des Kontinents – diesmal mit Batterie getriebenen Panzern – gemeint: Vielmehr der Vorwurf, der industrialisierte Norden suche dem globalen Süden seine Vorstellung von der Energiewende aufzudrücken. Oder spezieller: dass Afrikas Regierungen die Vorräte fossiler Brennstoffe in der Erde lassen sollen, die in zunehmendem Ausmaß in ihren Staaten gefunden werden.

    So verurteilte das Parlament in Straßburg kürzlich eine geplante Pipeline, die im Westen Ugandas entdecktes Erdöl an die 1500 Kilometer entfernte Küste des Indischen Ozeans schaffen soll. Der schmutzige Brennstoff solle lieber im Boden gelassen werden, forderten die europäischen Abgeordneten.

    Woher sie das Recht nähmen, von Afrikaner:innen den Verzicht auf Petro-Dollar zu verlangen, die sie für die Entwicklung ihrer eigenen Staaten in Anspruch genommen hätten, fauchte Ugandas Präsident Yoweri Museveni. Fast die Hälfte der 1,3 Milliarden Afrikaner:innen hat keinen Zugang zu Strom, ihr Kontinent ist für höchstens vier Prozent des weltweiten Kohlenstoffausstoßes verantwortlich. Warum sollten ausgerechnet sie auf die Energiequelle verzichten, mit der die Industrienationen ihren Wohlstand zementierten?

    Klimaschutz in Afrika: Ein Appell der IEA sorgte für Aufsehen

    Auch die Internationale Energie-Agentur (IEA) sorgte mit ihrem Appell für Aufsehen, sämtliche noch nicht erschlossenen fossilen Brennstoffe fortan im Boden zu lassen. Nur so sei das Ziel einer auf 1,5 Grad begrenzten Klimaerwärmung noch zu erreichen. Aus Afrika sind allerdings Erdölreserven in Höhe von 125 Billionen Fass bekannt, beim Erdgas wird von 18 Billionen Kubikmetern gesprochen. Der Erlös aus deren Verkauf könnte den darbenden Staaten des Kontinents einen dringend nötigen wirtschaftlichen Kick-Start verschaffen.

    Die größten Erdgaslagerstätten werden aus dem bettelarmen Mosambik, dem kargen Namibia, dem Wüstenstaat Mauretanien oder dem chaotischen Kongo gemeldet. Dass das Gas dort nicht schon lange strömt, hat verschiedene Gründe: Im Kongo schlummert der Bodenschatz unter dem labilen Moor des naturgeschützten Urwalds, in Namibia neben dem einzigartigen Naturparadies, dem Okavango-Delta, und in Mosambik sucht eine islamistische Extremistengruppe die Förderung des Erdgases mit allen Mitteln zu verhindern. Weil sich ohnehin nur eine korrupte Elite des Landes an den Schätzen bereichere, heißt es zur Begründung. Vor der mosambikanischen Nordküste werden fast drei Billionen Kubikmeter Erdgas im Boden vermutet: Sie werden in Europa spätestens seit dem Ukraine-Krieg dringend gebraucht.

    Dieselbe EU, deren Abgeordnete in Straßburg den Bau der ugandischen Pipeline verurteilten, unterstützt die mosambikanische Regierung beim Kampf gegen die eigene Bevölkerung mit militärischem Training und adelte Erdgas außerdem als „grüne Energie“. Auf diese Weise soll der Export des mosambikanischen Bodenschatzes nach Europa erleichtert werden. Gleichzeitig kauft Deutschland Kohle aus Südafrika, um den Betrieb seiner Kraftwerks-Saurier aufrechterhalten zu können – während der Staat am Kap der Guten Hoffnung dazu gedrängt wird, seine Stromerzeugung aus Kohle einzustellen. Fossile Brennstoffe scheinen nur dann schlecht zu sein, wenn sie in Afrika verfeuert werden. Ökokolonialismus? Heuchelei trifft den Sachverhalt besser.

    Die Scheinheiligkeit ist allerdings nicht auf den Norden des Globus beschränkt. Die Behauptung afrikanischer Staatschefs, die Einnahmen aus dem Erdölverkauf kämen der Entwicklung ihres Landes und der Bevölkerung zugute, hat sich bislang niemals bestätigt. Vielmehr brachte die Exploration der Bodenschätze nur schwindelerregende Korruption, wachsende Einkommensunterschiede, soziale Spannungen und Umweltkatastrophen wie in Nigerias Niger-Delta hervor.

    Klimaschutz in Afrika: Was nützt Wirtschaftswachstum, wenn der Regenwald stirbt?

    Fachleute sprechen vom „Paradox des Reichtums“ oder dem „Fluch der Ressourcen“: Je mehr ein Staat durch den Verkauf von Erdöl oder Erdgas einnimmt, desto schlimmer die Folgen. „Unsere Priorität ist nicht, die Welt zu retten“, gab Kongos Klimabeauftragter Tosi Mpanu Mpanu einem Reporter der New York Times zu verstehen: „Unsere Aufgabe ist es, unsere Wirtschaft anzukurbeln.“

    Der Satz ist ebenso heuchlerisch wie absurd: Schon seit Jahrzehnten kommen Kongos sagenhafte Bodenschätze nur wenigen „Fat Cats“, nicht aber der darbenden Wirtschaft zugute. Und selbst wenn das irgendwann so wäre: Was würde den Kongoles:innen ein zweistelliges Wirtschaftswachstum nützen, wenn gleichzeitig ihr Regenwald stirbt und ihre Hauptstadt untergeht?

    Dennoch ist die in der nördlichen Erdhälfte erhobene Forderung, der Süden solle entschädigungslos auf die Förderung seiner Schätze verzichten, schlicht unverschämt. Afrika nutzt ohnehin nur einen kleinen Prozentsatz seiner eigenen Brennstoffvorräte: Der Großteil wird im Norden verfeuert. Selbst wenn der Kontinent alle seine derzeit bekannten Erdgas-Vorräte selbst verbrenne, würde sein Anteil am weltweiten CO2-Ausstoß nur von vier auf fünf Prozent steigen, rechnet NJ Ayuk, Exekutivdirektor der Afrikanischen Energie-Kammer vor: Könnte man mit Heucheleien heizen, bräuchte sich Europa vor dem bevorstehenden Winter keine Sorgen zu machen.

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    All diese Agenturen sind doch, wie auch die EU, nur Wirtschaftslobbyisten.

    Da passt der letzte Satz sehr treffend: Könnte man mit Heucheleien heizen, bräuchte sich Europa vor dem bevorstehenden Winter keine Sorgen zu machen.

    https://www.fr.de/politik/internationale-klimapolitik-europa-verhaelt-sich-heuchlerisch-91856940.html

  • daffiman

    Teilnehmer
    6. November 2022 um 10:08

    Ich denke, zu diesem Thema würde auch das folgende Gespräch beitragen, welches sich mit dieser ganzen Klimaheuchelei bei der Elektromobilisierung befasst. Sehr interessant, dauert ca. 50 min.

    Talk Spezial mit Prof. Fritz Indra:
    E-Auto – Grüner Heilsbringer oder politische Mogelpackung?

    https://www.servustv.com/aktuelles/v/aa-2577hvsw51w12/

  • Modesty

    Teilnehmer
    6. November 2022 um 14:46

    Ich hätte eine bessere Idee:

    Die EU baut in Afrika möglichst schnell – und ehe chinesische und/oder amerikanische Firmen es tun – eine flächendeckende, gut funktionierende Solarenegie-Gewinnungsindustrie auf – im Tausch gegen Strom und Kohle, die dann vor Ort immer weniger benötigt wird. Außerdem lässt sich unter Solar-Paneelen sehr gut Landwirtschaft betreiben.

    Gleichzeitig tut sie dasselbe auf dem eigenen Kontinent und befreit sich, analog zum Fortschritt in Richtung Solarenergie, von der Kohlabhängigkeit.

    Ich meine: Wenn schon Klimawandel – dann soll er wenigstens zu etwas nütze sein! Lasst uns die Sonne besser ausbeuten!

    M.

  • Holzhacker

    Teilnehmer
    6. November 2022 um 19:20

    Hallo @Modesty , die Idee dazu ist nicht neu. Vor einigen Jahren hatten sich eine Reihe von Unternehmen zusammenmgetan. Der Zusammenschlluss nannte sich “Desertec”. Sie wollten in der Nordafrikanischen Wüste riesige Photovoltaik Anlagen aufbauen und diesen Strom nach Europa verkaufen. Man würde keinen stören. Ich glaube, man hatte sogar schon mit dem Bau begonnen. Warum das nicht fortgeführt wurde weiß ich nicht. Das müsste doch lukrativ sein, bei den vielen Sonnenstunden. Meine Anlage hier im ollen Deutschland mit seinen vielen trüben Tagen arbeitet ja schon hervorragend. Ich produziere ungefähr doppelt so viel Strom, wie ich selbst verbrauche. Die übrige Hälfte verkaufe ich an die Netzgesellschaft für gerade mal 6, 1 ct. pro KWh. Man sieht, dass es an Ideen nicht fehlt sondern an deren Umsetzung. In dem Zusammenhang noch eine Anmerkung: Wohin fließen eigentlich die Mlrd. von Fördergelder von Bund und Ländern? Ich habe keinen Cent für die Errichtung der Anlage (27 Module) bekommen.

  • Modesty

    Teilnehmer
    6. November 2022 um 21:05

    Normalerweise werden Projekte wie ‘Desertec’ nicht ohne ständige, parallel laufende Kostenanalysen entwickelt, so dass Planung/Aufwand/erwartbares Ergebnis ständig ins Verhältnis gesetzt werden können. Deshalb wundert mich die späte Aufgabe des Projekts aus Kostengründen – was möglicherweise aber auch nur ein Vorwand für politische Einwände war, die die Planer nicht nach außen kommunizieren durften.

    Ein Grund könnte z.B. der Widerstand der deutschen/europäischen Landwirtschaftslobby sein, die um ihre höchst ertragreichen Exporte nach Afrika fürchtet. Wenn nämlich – wie auch hierzulande schon – unter riesigen Photovoltaik-Anlagen Gemüse- und Obst sowie möglicherweise sogar Getreideanbau möglich ist, bricht in Europa eine milliardenschwere Exportindustrie zusammen.

    Es geht also nicht nur darum, dass wir/die EU ein neues Konzept für unsere Energieversorgung erfinden, wir/die EU müssen im Grunde genommen das komplette bisherige Geschäftsmodell, in dem die Ausbeutung Afrikas eine wesentliche Rolle spielt, neu konfigurieren – und dabei stets im Auge behalten, dass China und Russland (und nicht zuletzt auch die USA) die gleichen Ziele wie wir/die EU verfolgen…

    China hat das übrigens schon früher begriffen und viele afrikanische Staaten bereits durch billige Kredite für Infrastruktur-Projekte an sich gebunden…. Europas Chance könnte darin bestehen, diese Länder durch Stromproduktion und -verkauf in die Lage zu versetzen, mit dem Gewinn ihre Kredite bei China zu tilgen und sich so von deren Vormundschaft zu befreien. Wenn uns nicht andere schon wieder zuvorkommen….

    Ergo werden vermutlich nicht nur heiße, sondern auch spannende Zeiten auf uns zukommen – oder aber sowas wie ein langer, tiefer Dornröschenschlaf….

    M.

    Infos zu aktuelleren Projekten:

    https://www.ise.fraunhofer.de/de/presse-und-medien/presseinformationen/2016/integration-von-erneuerbaren-energien-in-europa-und-afrika.html

    https://www.en-former.com/so-koennte-solarstrom-aus-nordafrika-nach-europa-fliessen/

    https://www.dw.com/de/der-sonne-entgegen-afrikas-gro%C3%9Fe-solarstrom-pl%C3%A4ne/a-63303129

    https://www.energiezukunft.eu/erneuerbare-energien/netze/solarstrom-aus-afrika-statt-netzausbau-in-deutschland/

    • Dieser Beitrag wurde vor 1 Jahr, 5 Monate von  Modesty bearbeitet. Begründung: Optimiert
  • Modesty

    Teilnehmer
    7. November 2022 um 14:09

    Ist mir bekannt, angelika55.

    Artikel und Objekt stammen aus einer Zeit (2014), in der das Problem längst noch nicht als so ernst und dringend angesehen wurde wie heute. Im Nachhinein wirkt es eher wie der dilletantische Versuch ahnungsloser Werbeagenturen Greenwashing im Frühstadium zu verkaufen.

    M.

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