Startseite Foren Das "Ich", was ist das eigentlich?

  • happyday

    Mitglied
    28. April 2021 um 22:06

    @Fiets danke für dieses Beispiel…Laughing@etaner34 erinnert daran, wie Max Frisch den Gantenbein sich immer wieder neu erfinden ließ…Dichter und andere Künstler beschäftigt das Thema, wer oder was ist das ICH genauso wie die ganze Bandbreite von Therapeuten.

    Die meisten Menschen sind oder waren mit ihrem „ICH“ schon in der Rolle des Partners, eines Elternteils und Großelternteils, als ein weiteres ICH ein Freund/Freundin. – Wenn Schauspieler in Rollen schlüpfen, werden sie für die Zeit ihres Spiels zu dem ICH, das sie darstellen.

    „Wer bin ich und wenn ja wie viele “ – Dieses Zitat, von dem nicht ganz klar ist, wer es in dieser Form geprägt hat, ist vielen als Buchtitel von Richard David Precht bekannt. Precht begibt sich in seinem Buch auf eine „philosophische Reise“ zu verschiedenen Fragen des Seins. Auf dieser Reise kann es naturgemäß keine allgemeingültigen Antworten geben, sondern nur Hinweise und Eindrücke, die zu persönlichen Antworten führen. Denn letztlich stellen sich alle Menschen die Eingangsfrage immer wieder neu: Wer bin ich? Und im Laufe eines jeden Lebens gibt es zu jedem Zeitpunkt wohl immer wieder neue Antworten. Kein Mensch IST einfach nur so oder so, sondern jeder hat viele Möglichkeiten des Seins.

    Erkenne dich selbst „- diese Worte sind im Orakel von Delphi auf einer der Säulen der Eingangshalle zu lesen und das bestätigt, dass die Reise zu Selbsterkenntnis nicht neu ist. In Delphi erhofften sich die Menschen die Hilfe von Göttern bei der Suche nach einer Antwort.“

    Wie ich mein ICH wahrnehme, kann meilenweit davon entfernt sein, wie mein Gegenüber mich wahr nimmt. Und, und, und…,sage mal bis morgen…

  • happyday

    Mitglied
    28. April 2021 um 18:27

    @Fritz.the.Cat den eigenen Körper als „Transportmittel“ fürs ICH zu sehen, finde ich interessant…Diese Überlegung werde ich mir „ausborgen“, wenn du gestattest.

    Meine Bespiele für ICH und Körper bringe ich jetzt mal aus dem noch jungen Fachgebiet „Traumaforschung“.

    Vielleicht kennt jemand einen Menschen, der sich „ritzt“, also Unterarme und/oder Beine regelmäßig selbst durch Schnitte verletzen sie sich selbst. . – Diese Menschen können ihren Körper nicht mehr spüren. Wenn der innere ( gefühlte ) Druck zu groß wird, und um überhaupt noch den Körper fühlen zu können, verletzten sie sich durch Schnitte, bis der Schmerz sie für einen Moment spüren lässt, mein Körper ist noch da. – Natürlich passiert das heimlich…

    Menschen mit schlimmsten Erfahrungen von Missbrauch koppeln sich gewissermaßen von ihrem Körper ab, etwa so: das alles passiert nicht mir, der Körper, dem das passiert, gehört nicht zu mir…Diese „Dissoziierung“ des Körpers rettet den Betroffenen u.U. sogar davor, zu sterben, weil der Schmerz unerträglich ist. – Das ist alles keine Theorie, sondern leider das Gegenteil…Der Hintergrund dieser Verhaltensweisen sind jeweils traumatische Erlebnisse.

    Als Nächstes „beleuchte“ ich dann die verschiedenen „ICH“ von uns Menschen.

  • happyday

    Mitglied
    28. April 2021 um 14:54

    Um mich dem „ICH“ als solches zu nähern, hält mein ICH es für sinnvoll, am Beginn der Entwicklung des ICHs zu beginnen.

    Was ich mir tatsächlich wünsche, dass ihr Schreiber hier, neugierig seid oder werdet. Nein, ich schreibe keinen Fachvortrag, doch ich versuche, mich dem Thema nach den heutigen Erkenntnissen zu nähern…

    Generell meine ich, wir sollten uns hier nicht in Erklärungen „verlieren“, warum wir etwas so oder so wahr nehmen, denn dann wäre vermutlich der Spaß am Schreiben bald weg…Für mich jedenfalls. – NICHTS, was jemand wahr nimmt, ist für denjenigen falsch. – Ob es den aktuellen Erkenntnissen stand hält, ist ein anderes Thema, finde ich. – Widersprecht ruhig…Relaxed

    Die Vorstellung vom ICH entwickelt sich im Gehirn und beginnt bereits vor unserer Geburt. Während der embryonalen Entwicklung stellt unser Gehirn einen Überschuss an neuronalen Netzwerken zur Verfügung. Bereits vor der Geburt wurden davon ca. ein Drittel wieder abgebaut. – Wenn am Körper lange Arme und Beine wachsen, dann stellt das Gehirns genau dafür die Netzwerke zur Verfügung.

    Diesen Körper z.B. habe dann nur ich, er gehört zu meiner Identität, zu meinem ICH.

    Alles, was mich ausmacht, ist eine Einheit, die sich ständig verändert ( oder auch nicht, lach: – „er/sie ändert sich nie…“, kennt jeder von uns. ) Wir verändern uns nicht nur durchs Altern…Und ja, mein Körper gehört zu meinem ICH.

    Sage jetzt erstmal bis später…

  • etaner34

    Mitglied
    28. April 2021 um 14:51

    @Fritz.the.Cat

    Ich sehe, du fragst doch allgemeiner, was der Mensch sei?

    Also nicht, was das Individuum Fritz.the.cat ist, wie es sich in seinem Denken und Tun über ein Leben hin manifestiert oder entfaltet, sondern sozusagen die Zusammensetzung aus körperlichen und geistigen Bestandteilen, wie man sie gewohnheitsmäßig allen Menschen zuschreibt.

    Rein materialistisch gedacht, ist der Mensch ein Körper mit hirnphysiologischem Zubehör. Beides ist medikamentös beeinflussbar.

    Im Geist/Seele-Bereich, wenn man diesen vom Körper getrennt betrachten will, ist einiges an medikamentöser Beeinflussung möglich. Den Verstand (Geist, Denkvermögen) zu steigern hat wohl bisher noch keiner ein Mittel erfunden.

    Dass wir überhaupt danach fragen, ob wir mehr sind als vergängliche Körper, halten manche schon für einen Gottesbeweis. (Welcher Geist hat uns die Frage nach unserer Seele, nach unserer Bedeutung in der Welt, nach dem Sinn unseres Lebens mit auf den Weg gegeben?)

    Tiere haben wir in der westlichen Zivilisation lange Zeit – vielleicht zu Unrecht – für seelenlos gehalten. Aber das ist ein anderes Gebiet.

    Fragen, die über unsere sterbliche und vergängliche Körperlichkeit hinaus gehen, werden traditionell von Philosophie und Religionen beantwortet, wobei die vielen unterschiedlichen Antworten zeigen, dass man sich in einem sehr unsicheren Feld bewegt.

    Hört auf zu fragen oder sucht euch was aus!

    @etaner34

  • etaner34

    Mitglied
    28. April 2021 um 12:44

    @villa.chaos

    Schön die Ballade zur Frage nach dem Wahrheitsgehalt allgemeiner Redensarten!

    @Fritz.the.Cat

    Hab‘ ich hoffentlich richtig verstanden.

    Nicht: Was ist der Mensch?

    Sondern: Wer bin ich?

    Wer die Frage an sich selbst stellt und selbst beantworten will, kann das nur jeweils situationsbezogen tun. Zu häufig ist man von sich selbst und seinen Entschlüssen, aber auch seinen Aktionen überrascht, als dass man eine dauerhaft gültige Antwort geben könnte. Dazu kommt die Irritation dadurch, wie andere Menschen einen wahrnehmen.

    Wer in hohem Alter auf sein Leben zurückblickt und aus seiner Vergangenheit zu schließen versucht, wer er ist oder auch geworden ist, unterliegt in höherem oder geringerem Maß einer Selbsttäuschung, man sortiert, was nicht sortiert werden kann, hat „vergessen“, was der angewöhnten Selbstinterpretation zuwiderläuft.

    „Ich bin ein Mensch, der…“

    So fangen viele Sätze an, die der Selbstdarstellung dienen sollen. Sie enthalten bestenfalls die „eigene“ Wahrheit, sofern sie nicht einfach nur beeindrucken wollen.

    „Jeder Mensch erfindet sich früher oder später eine Geschichte, die er für sein Leben hält, oder mehrere Geschichten.“

    Das schreibt Max Frisch in seinem Roman „Mein Name sei Gantenbein“, dessen zentrales Thema die Frage nach dem Ich und seiner Identität ist.

    (Sehr lesenswert!)

    @etaner34

  • seestern47

    Mitglied
    28. April 2021 um 12:22

    Eine feine Ballade hast Du uns verlinkt, @villa.chaos

    Du meinst diese Zeilen:

    Ich kenne alles, bis auf Punkt und Strich,

    ich kenn nur einen nicht, und der bin ich“.

    Darin positioniert sich das Ich gegenüber der Welt und ironisiert seine Postion gleichzeitig, indem es sagt, dass es zwar die Welt bis ins Detail kennt, aber sich selbst nicht und es hat auch keine Beziehung zu sich selbst. So interpretiere ich das zumindest für mich.

    @happyday – gute Besserung und immer schön kühlen.

    Aber mit Deinem Sturz sprichst Du einen wichtigen Punkt an, nämlich Achtsamkeit gegenüber sich selbst. Die eigene Selbstwahrnehmung.

  • happyday

    Mitglied
    28. April 2021 um 12:10

    Hallo @Fritz.the.Cat , @seestern47 …und @all, die interessiert mitmischen wollen. Jede/r, der/die „ich“ schreibt, redet zunächst von sich…Was macht es aus, dass ich mich im Moment so und nicht anders sehe?

    Ganz konkret finde ich mein „Ich“ gerade ziemlich daneben. Wäre ich achtsamer gewesen, dann wäre ich nicht vor zwei Stunden gestürzt, könnte jetzt hier ganz entspannt schreiben…So bin ich erstmal mit Kühlen beschäftigt, melde mich gegen Abend wieder…

    Nein, kein Mitleid, bitte, war die eigene Dummheit…Übrigens lösche ich vorn unter Aktivitäten meinen Beitrag, müssen ja nicht alle mitlesen…Pensive

  • villa.chaos

    Mitglied
    28. April 2021 um 11:52

    Hallo und guten Tag,

    da bin ich neugierig geworden, eine Fragestellung, die einen nie wirklich loslässt. Sie hat mich sofort an eine „Balladevon den allgemeinen Redensarten“ von Francois Villon erinnert die ich hier gerne zur Diskussion beisteuern möchte : https://www.lyrix.at/t/francois-villon-die-ballade-von-den-allgemeinen-redensarten-1cc

    sie hat mich schon vor mehr als vierzig Jahren beruhigend beunruhigt, vor allem die letzte Zeile.

  • seestern47

    Mitglied
    28. April 2021 um 11:39

    Eine sehr interessante Frage!

    Aber wie willst Du Dich dem Begriff annähern, schließlich existieren unterschiedliche Definitionen in den unterschiedlichen Disziplinen?

    Also welche Bedeutungsvariante sollen wir zugrunde legen: psychologisch, pädagogisch, soziologisch, philosophisch oder theologisch? Oder alle? Ich finde es nämlich auch spannend, wie unterschiedlich das „Ich“ betrachtet wird.

    LG

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