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Das "Ich", was ist das eigentlich?
Von Gelöschter Benutzer am 28. April 2021 um 11:08Wenn wir von uns sprechen, dann sagen wir „ich“, ganz selbstverständlich. Aber wenn wir zu beschreiben versuchen, was wir unter „ich“ verstehen, dann ist es nicht mehr so einfach. Oft hört man die Antwort, das „Ich“ sei die Gesamtheit aus Körper, Seele und Geist, die Summe aus den dreien mache den Menschen aus. Das klingt nach einer guten Erklärung, doch bei näherer Betrachtung ist es nicht mehr so einfach. Allein an der Vorstellung, was denn die Seele sei, scheiden sich die Geister nach dem Motto: frage 10 Personen und du erhältst 15 Antworten.
Also stelle ich die Frage in den Raum: was ist es denn nun, das „Ich“?
happyday antwortete vor 4 Jahre, 6 Monaten 8 Mitglieder · 72 Antworten -
72 Antworten
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@seestern47 das Thema ist so alt wie die Menschheit und wird so bald nicht erledigt sein, das sind jedenfalls meine Erfahrungen…Beim Schreiben fällt mir eines meiner wirklich unschlagbaren Erlebnisse des ersten Berufsjahres ein. Das erzähle ich jetzt auch noch. …
Ich kam zurück in mein Sprechzimmer, da saß ein kleiner Junge auf dem Behandlungsstuhl. – Er war bei mir nicht bestellt, das wusste ich ganz sicher. – Die Mitarbeiterin flüsterte mir zu, der Chef habe das angeordnet, weil der Junge sich nicht behandeln lässt und nur brüllt…Na dann…ich zeigte ihm, wie Wasser in den Becher läuft, wie der Luftbläser funktioniert usw. Er durfte einiges selbst ausprobieren und war hellauf begeistert. – Danach ließ er sich, ohne einen Mucks von sich zu geben, von mir behandeln.
Er kletterte vom Stuhl und ich sah, dass mein Chef in der Tür stand. „Wieso hast du denn heute nicht gebrüllt…?“ fragte mein Chef. Da stemmte der Junge beide Fäuste in die Hüfte und antwortete mit erhobenem Kopf: “ Das ist doch ein Weib, da kann ich doch nicht brüllen…“
Von da kam die ganze Familie des Jungen zu mir zur Behandlung… -
Ein gutes Beispiel, @happyday – das zeigt nämlich, dass das Thema noch aktuell ist. Geschlechterrollen (Stichwort „Kulturelle Identität“/ ) werden nach wie vor oktroyiert.
@Fritz.the.Cat – Das Thema Transgender/gendergerechte Sprache/Transidentität wird zur Zeit auch breit in der Gesellschaft diskutiert. (Führt uns hier aber in eine andere Richtung – I know 😉 )
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@seestern47 und @Fritz.the.Cat , meines Wissens nach sind die „Geschlechterrollen aus der Evolutionsbiologie zu erklären: der Mann war der Jäger, die Frau die „Hüterin“ des Heims und des Feuers und für die „Aufzucht“ der Nachkommen verantwortlich…Was bis heute zu wirken scheint, ist der Spruch: Männer, also auch Jungen, weinen nicht…
Da erlaube ich mir mal ein Beispiel aus meiner erst seit 2019 beendeten Zeit als Streitschlichterin in einer Grundschule. Eines Tages wurde ein 9-Jähriger in mein Zimmer geschickt, er sollte seine Hausaufgaben unter meiner Aufsicht machen. Sein Gesicht schien zur Faust geballt und es spiegelten sich Wut und Schmerz in seinen Zügen. – Es dauert nicht lange, bis er erzählte, was passiert war. Auf dem Schulhof wurde er von zwei Mitschülern so bedrängt, dass er um sich schlug. Er stürzte und verletzte sich das Knie. Als er zu weinen begann, wurde er nun von vielen Jungen verhöhnt. Da begann er blindlings zu prügeln. Soweit die Geschichte…
Generell wussten Kinder, die zu mir kamen, dass die Gespräche auch im geschützten Raum blieben. Es dauerte nicht lange, bis er auf meine vorsichtigen Fragen reagierte. So war er fest davon überzeugt, egal wie schmerzhaft es ist, Jungen weinen NICHT. Ich fragte ihn, wieso er das meint ? Er sagte, das ist so, das sagen ja alle…Am Ende der Stunde, die für ihn zu Beginn nach Strafe aussah, verließ er lächelnd das Zimmer und hatte zumindest für diesen Tag verstanden, dass auch Jungen weinen dürfen, wenn es weh tut und sie verletzt sind.
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Da hast Du recht, @Fritz.the.Cat – Diese Diskussion gab es schon in den 70iger Jahren. Ich erinnere mich daran. 😉 Aber sie ist heute wieder aktuell.
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Ich habe mich ein paar Tage aus der Diskussion ausgeklinkt, aber gestern kam mir der Gedanke, wenn wir über das Ich sprechen, müssen wir dann nicht auch über die unterschiedlichen Geschlechter sprechen?
Gibt es ein weibliches oder männliches Ich (biologisch gesehen, ja!) oder sind es nur anerzogene Rollen? Ist das Ich also geschlechtsneutral?
LG und die Runde
seestern47
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Zwar möchte ich mit diesem Thema, „nur“ weil es mein Hobby ist, jetzt nicht zum „Alleinunterhalter“ werden, hänge mich nochmal an deinen Beitrag, @Fritz.the.Cat …
In dem link, den du eingestellt hast, heißt es u.a.: „Das Konnektom“ beschreibt der Informatiker und Neurowissenschaftler von der Princeton University den majestätischen Wald in unserem Schädel und behauptet: „Du bist dein Konnektom“. Das Konnektom ist die Gesamtheit aller Verbindungen im Gehirn. Ist also unser Ich nur eine Frage der richtigen Verbindungen?“
Die „Hebbsche Regel“ „erklärt“ das Zustandekommen des Lernens in neuronalen Netzwerken des Gehirns so, dass Neuronen, die sich verknüpfen, zusammen feuern. Nach heutigem Wissen liegt den Ursprung unserer Gedanken primär im Gehirn. Die Wurzeln unserer Wünsche und Entscheidungen sind in einem noch nicht entschlüsselten Code verankert.
Kann das Bewusstsein ( was ist das überhaupt ? ) die Funktionsweise unseres Gehirns beeinflussen ? Und umgekehrt ?
Mit diesen Fragen beende ich erstmal meinen Monolog…

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Guten Abend @Webra du schreibst und fragst…:„will das Gehirn Wissen, was unser, also auch sein Ich ist. Warum will es dies aber wissen? „
Das Gehirn will das nicht wissen, der MENSCH will das wissen. Das Gehirn haben wir, um lebensfähig zu sein. Wie wir es z.B. durch Drogen- und/oder Alkoholmissbrauch schädigen, das ist dem Gehirn egal. Die Auswirkungen merkt aber der Besitzer dieses geschädigten Gehirns. –
Neurowissenschaftler sagen, dass zum jetzigen Zeitpunkt noch längst nicht alles bekannt ist, was das Gehirn leisten kann und vor allem, wie es wirklich funktioniert. –
Je besser wir Menschen verstehen, wie unser Gehirn funktioniert und was es leisten kann, umso besser können wir mit verschiedenen Situationen umgehen. Das reicht bis hin zum Verstehen, wie bestimmte Erkrankungen wie Demenz und Alzheimer, Parkinson und Multiple Sklerose entstehen, um frühzeitig entgegen wirken zu können. – Da sind noch eine Reihe „blinder Flecken“ im Wissen der Wissenschaftler und somit im Verstehen von uns allen.
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Das sind zwei interessant Links, Fritz.the.Cat und happyday, die ihr hier eingestellt habt.
Sowohl bei den Inhalten der Links als auch bei den hier geschrieben Beiträgen will das Gehirn
Wissen, was unser, also auch sein Ich ist. Warum will es dies aber wissen? Wäre es mit der Gewissheit „Ich habe ein Ich“ noch leistungsfähiger als es jetzt schon ist, oder würden seine
Neuronen „anders funken“ als sie es jetzt tun? Wenn wir diese Fragen aber verneinen, wäre doch
sein Wissen über ein Ich das ihm „innewohnt“ völlig sinnlos.
Das Ich, wonach wir suchen, könnte dann unser Hirn sein.
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Respekt, @Fritz.the.Cat das wird vermutlich wenigstens so vielseitig, wie die „Suche“ nach dem „ICH“…
Den link habe ich gelesen und stelle diesen dazu.
https://www.dasgehirn.info/wahrnehmen/ich/was-ist-dieses-ich
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