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  • Das einsame Sterben

     Webra antwortete vor 9 Monate, 2 Wochen 7 Teilnehmer · 15 Beiträge
  • malonia

    Teilnehmer
    11. Januar 2025 um 18:47

    Vor zwei Tagen fand man meinen Nachbarn tot in seiner Wohnung auf. Zuvor hatte ich mit einer anderen Nachbarin festgestellt, dass die Rollos schon seit ein paar Tagen unten waren, und wir beschlossen, den Hausmeister zu informieren, da dieser für alle Wohneinheiten einen Schlüssel hat.

    Da lag er nun, und seither frage ich mich, was wohl in einem Menschen vorgeht, der plötzlich, einsam, den letzten Weg antritt.

    Aber selbst im Krankenhaus kann einem das passieren. Immer öfter werden Sterbende in die Abstellkammer geschoben, damit sie aus dem Blickfeld sind.

  • GSaremba61

    Teilnehmer
    11. Januar 2025 um 19:00

    Ich weiß nicht was in einem Menschen vorgeht in dieser Situation. Doch meine Erfahrung ist dass Gehende, selbst wenn sie umgeben sind von Familienmitglieder, den Moment nutzen wenn sie alleine sind. Diese Erfahrung wurde mir heute in einem Gespräch mit einer Nachbarin, die seit gestern Witwe ist, wieder bestätigt. Auch Ärzte bestätigen diese Erfahrung.

    Demnach denke ich – allein – ist für den Gehenden richtig.

    GeSa

  • Carlinette

    Teilnehmer
    11. Januar 2025 um 19:17

    Liebe Malonia, ich hoffe, du hast keinen allzu heftigen Schock davongetragen. Ist schon nahe an der Grenze dessen, was man gut verarbeitet, was du erlebt hast! Aber gut, dass ihr euch unter Nachbarn umeinander kümmert.

    Ich denke, GeSa hat Recht mit ihrer Beobachtung. Es scheint mir jedoch etwas anderes, ob der Sterbende sozusagen “freiwillig” den Moment wählt, wo die Familie vor der Tür ist, oder ob er so vereinsamt war, dass er sowieso immer alleine war, im Leben wie im Sterben. Wenn niemand mehr da ist, von dem man noch Abschied nehmen könnte, das ist richtig bitter.

    Ja, zurück zu deiner Frage, @malonia, was im Menschen in dem Moment wohl vorgehen mag: Diese Frage kann von uns Lebenden keiner beantworten; auch nicht die Frage, was er erlebt, wenn er nicht allein ist. Womöglich haben wir vor Lebzeiten viel mehr Angst davor als dann, wenn es so weit ist. Wer weiß das schon? Großes Geheimnis!

  • Webra

    Teilnehmer
    11. Januar 2025 um 22:18

    Mein ältester Bruder war im92. Lebensjahr, als er gestorben ist. Er wurde in den letzten 2 Jahren immer abwechseln von seinen drei Kindern rund um die Uhr betreut. Bei der Beerdigung erzählte mir dann meine Nichte, dass er ca. 14 Tage vor seinem plötzlichen Tot Nachts ganz laut geschrien hat. Sie fragte ihn dann, warum er so laut geschrien hat. Er antwortete, dass er plötzlich eine so große Angst empfunden hat, wie nie zuvor. Er habe schon öfters in letzter Zeit Nachts solche Angstzustände gehabt und den Drang verspürt zu schreien, konnte dies aber bisher immer unterdrücken.

    Eine Woche später, da hatte sein Sohn bei ihm nachts gewacht, stand er nach dem gemeinsamen Frühstück auf und ging ins Bad. Nach einiger Zeit vernahm mein Neffe einen großen Lärm. Als er im Bad nachsah, lag sein Vater bewegungslos und ohne auf seine Rufe

    und sein Schütteln zu reagieren am Boden. Die Rettung hat dann seinen Tod bestätigt.

    Todesursache Herzstillstand.

    Diese Schilderung beunruhigt mich zurzeit sehr stark, weil mir in der letzten Zeit auch schon

    öfters das Gleiche passiert ist. Den Drang, laut zu schreien, konnte ich aber auch noch immer unterdrücken.

    Es sieht doch so aus, als ob etwas im Menschen sein bevorstehendes Ende ahnt, wenn kein

    medizinischer Grund vorhanden ist, welcher zum Tode führen kann.

    Altersbedingt. Seine Lebensuhr ist abgelaufen. Wenn ein Mensch in seinem Leben von

    Krankheiten, die zum Tode führen oder von Unfällen mit tödlichem Ausgang verschont blieb,

    könnte doch eine genetisch gesteuert Uhr sein Ende herbeiführen.

  • seestern47

    Teilnehmer
    14. Januar 2025 um 9:36

    Es ist wirklich traurig, wenn jemand so einsam seinen letzten Weg geht. Ihr habt aber genau richtig gehandelt, indem ihr aufmerksam wart und den Hausmeister informiert habt. So wurde zumindest sichergestellt, dass er nicht noch länger unbemerkt bleibt.

    Das, was du über Krankenhäuser schreibst, ist wirklich bedrückend.

    Was dabei besonders deutlich wird, ist, wie wenig Raum diesem Thema in unserem Alltag gegeben wird. Viele Menschen sterben einsam, sei es zu Hause oder in Krankenhäusern, oft ohne Begleitung oder die Möglichkeit, Abschied zu nehmen.

    Ich finde das sehr traurig.

  • malonia

    Teilnehmer
    14. Januar 2025 um 18:17

    Ich kann mir aber auch vorstellen, dass Menschen, die im letzten Drittel ihres Lebens einsam und allein waren, auch im Tod gern allein wären?

    Verwandtschaft kann auch nervig sein.

  • GSaremba61

    Teilnehmer
    14. Januar 2025 um 19:32

    18:17h…….. dass Menschen, die im letzten Drittel ihres Lebens einsam und allein waren, auch im Tod gern allein wären?

    Ob gerne allein – kann ich wieder nicht beurteilen – was ich kann ist das Wissen, dass diese Menschen sich mit dem “einsamen” Tod beschäftigen und ich denke entsprechend auch damit umgehen können, so wie sie mit dem Leben allein umgehen konnten.

    Und sollte es stimmen, dass man Sterbende auch unbewusst durch das Dasein am Sterben “hindert”, gehen sie vielleicht auch schneller wenn es so weit ist. In meiner Familie gab es vor kurzem den Fall – er wurde von der Putzhilfe gefunden – für die Familie überraschend und schrecklich – vielleicht wollte er es auch so wie es geschah. Er lebte seit einigen Jahren allein.

    Wir werden es wissen wenn es soweit ist.

    GeSa

    • Dieser Beitrag wurde vor 9 Monate, 3 Wochen von  GSaremba61 bearbeitet. Begründung: Tippfehler
  • malonia

    Teilnehmer
    19. Januar 2025 um 17:36

    @GSaremba61 ,

    das ist ein schönes Abschluss-Wort.Thumbsup

  • malonia

    Teilnehmer
    19. Januar 2025 um 17:40

    @Webra,

    sind es die Ängste, die uns die Kirchen eingeimpft haben, die uns in der Erkenntnis des nahenden Todes schreien lassen?

    Ich weiß es nicht, könnte es mir aber gut vorstellen.

  • Yossarian

    Teilnehmer
    19. Januar 2025 um 18:09

    Ich glaube nicht, dass es durch die Kirche eingeimpfte Ängste sind, die den nahenden Tod bedrohlich erscheinen lassen – oder wie auch immer man das formulieren mag. Ich sehe die Ursache vielmehr darin, dass der Tod ein Tabuthema ist, mit dem sich möglichst niemand beschäftigen möchte. Selbst wenn es nicht der eigene, sondern der Tod eines Freundes oder Verwandten ist, wollen die meisten Menschen diesem Thema aus dem Wege gehen. Vielleicht liegt es daran, dass es so unmittelbar daran erinnert, dass jeder einmal dran ist. Es sind Fragen mit dem eigenen Tod verbunden, die wir vielleicht auch bis zur letzten Sekunde aufschieben: “kann ich zufrieden gehen” als die Kernfrage, oder habe ich immer noch das Gefühl ganz viele Dinge nicht getan oder erlebt zu haben? Wenn ich unzufrieden bin, was kann ich tun? Vielleicht erlauben die finanzielle Situation oder die nachlassende Gesundheit nicht, dass solche fehlenden Erlebnisse noch nachgeholt werden? Wie erreicht ich trotzdem Zufriedenheit?

    Ich glaube, dass die rechtzeitige Auseinandersetzung damit der entscheidende Schlüssel dafür ist, wie ich die letzten Momente erlebe. Dann ist es wahrscheinlich nicht wichtig, ob ich allein sterbe oder von Familie oder Freunden umgeben.

    • Dieser Beitrag wurde vor 9 Monate, 2 Wochen von  Yossarian bearbeitet. Begründung: die üblichen Fipptehler
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