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Ottilie von Goethe
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In den letzten Tagen habe ich das Buch “Die Schwiegertochter – Das Leben der Ottilie von Goethe” gelesen. Ich konnte mal wieder eintauchen in eine Zeit, der ich schon mehrmals größte Auferksamkeit schenkte.
Die 1796 geborene Ottilie Wilhelmine Ernestine Henriette von Pogwisch stammte aus alten holsteinischen Adel. Die Trennung ihrer Eltern brachte einen häufigen Ortswechsel mit sich. Die Mutter Henriette war auf der Suche nach einer geeigneten Stelle als Hofdame. So traf Henriette von Progwisch 1806 mit Ottilie und deren Schwester Ulrike in Weimar ein. Hier trafen sie auf Johanna und Adele Schopenhauer. Aus dieser Begegnung entstand zwischen Ottilie und Adele eine lebenslange Freundschaft.
Ottilie war eine unkonventionelle, faszinierende, intelligente, aber auch umstrittene Frau ihrer Zeit. Am 17. Juni 1817 gibt sie – entgegen der Vorstellungen ihrer Familie – dem Drängen August von Goethe nach und heiratet ihn. Von nun an sieht sie sich nicht nur als Gattin sondern auch als Tochter von Johann Wolfgang von Goethe. Es bedeutet ihr viel.
Drei Kinder gehen aus der Ehe hervor und ist doch problematisch. Ottilie schreibt man einige Liebschaften zu. Sie entflammt schnell. August hat ein Alkoholproblem, reist 1830 nach Italien und stirbt dort. Ottilie wird für Johann Wolfgang von Goethe zu einer wichtigen Bezugsperson (Fertigstellung Faust 2). Sie unterstütze ihn, er förderte ihre Interessen und achtete sie als Mutter seiner drei Enkelkinder.
Goethes Tod verändert erneut ihr ganzes Leben. Ein unstetes Leben, unglückliche Lieben, der Tod ihrer illegitimen Tochter Anna Sybilla (geb. 1835, Vater Captain Story) als auch der Tod der Tochter Alma hinterlassen Spuren.
Auch geht es um Goethes Erbe, welches bei weitem nicht so reich ausfällt, wie so mancher dachte.
Eine Art Rettungsanker wird so manches Mal die Freundschaft zu Adele Schopenhauer und Sybille Mertens soowie Anna Jameson. Frauenpower sozusagen.
Walter Wolfgang von Goethe war Kammerherr und Komponist. Der große Erfolg blieb ihm versagt. Wolfgang Maximilian von Goethe war Jurist und preußischer Legationsrat. Sein Weg führte u. a. auch nach Dresden. Ich fand ihn im Dresdner Adressbuch von 1859/60 wieder. Er wohnte in der Lindengasse 6 wieder. Ottilie besuchte ihn hier für einige Monate, nahm sich eine eigene Wohnung. Ihre Adresse habe ich noch nicht gefunden.
Sie war in Dresden eine gefragte Frau. Kontakte zu Carl Gustav Carus, Friedrich Dahl, der russischen Dichterin Caroline Pawlow werden u. a. genannt.
Ottilie von Goethe starb am 26. Oktober 1872. Da stand längst eine neue Zeit vor der Tür und hatte zu Teil schon Einlass gefunden.
Das Buch zeigt viel aus dem Leben derer, die im Schatten des übergroßen Johann Wolfgang von Goethe lebten und ihren Platz suchten. Aber es zeigt auch, wie sich die Frauen dieser Zeit aufmachten ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen.
Dagmar von Gersdorff schreibt kenntnisreich und spannend. Sie hat eine Unmenge an Briefen und Dokumenten gesichtet. Neu war mir, dass sich ein zweiter Teil des Ottilie-Nachlasses, die sogenannte “Newberry Goethana” seit der Nachkriegszeit in der Newberry Library in Chicaco befindet. Zahlreiche Abbildungen vervollständigen das Buch.
Die Fots zeigt das Familiengrab der Familie und wurde 2009 von mir gemacht. Der große Goethe hat seinen Platz an anderer Stelle des Friedhofs, auch davon ein Foto von mir.
Die Schwiegertochter – Das Leben der Ottilie von Goethe
Dagmar von Gersddorff
Erschienen im Insel-Verlag
Preis: 24 Euro
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