POTTBLAGEN

POTTBLAGEN...    von 1951 - 1964

 

Es war nicht alles schlecht, früher...

zum Beispiel gab es jeden Sonntagmorgen zum Frühstück einen Rodonkuchen mit Rosinen, gebacken von der Mutter.  Mit Beginn der Adventzeit standen Weihnachtsplätzchen und Christstollen auf dem Programm. Färbte sich der Abendhimmel rot, hieß es bei uns: „Die Engelchen beginnen jetzt mit ihrer Weihnachtsbäckerei“. Mein Engelchen hieß Mutti und die Bäckerei war unsere Küche. Aber auch Kaffee und ein wärmender  Kakao mit hochprozentiger Kondensmilch (die großen Milchdosen konnte man gut zum Büchsenlaufen verwenden) waren eine Leckerli, für Mutti und mich. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern als das erste Kaffee-Paket bei uns in BUER ankam: und  jetzt ratet mal, was gut eingepackt in einem großen Taschentuch in dem Päckchen lag... als Dankeschön für die Bestellung: eine „Mocca-Schokolade“.  Ich bekam große Augen. Genüsslich ließ ich von der Schokolade den zarten Schmelz eines Riegels, im Mund auf der Zunge zerfließen. Hmm, einfach köstlich. Eine wunderbar, zarte Versuchung. Es war einer der magischen Momente meiner Kindheit. Meine  Argusaugen, richteten sich ab jetzt auf unser Büdchen, wo ich tatsächlich für einen Groschen (10 Pfennige) einen Riegel Seligkeit, kaufen konnte.  Mein 13ter Geburtstag nahte. Oh, ich bekam eine Mocca-Creme Torte... und den rot-silbernen Roller vom Geburtstagsmännchen. Manchmal bekam ich des Nachmittags ein Butter mit Butter und Zucker... und jetzt eine Torte nur für mich allein? Aber, schon zum Geburtstagskaffee kamen mir die ersten Zweifel. Meine große Schwester mit Mann und ihren zwei Kindern kam und alle vier waren für ein- bis zwei Stück Torte gut. Ich sah meine Torte schmelzen.  Puppe Carmen (sie hatte ja auch Geburtstag)  bekam aus der Näherei meines Schwagers ein neues Kleidchen und ich einen karierten Trägerrock. Das war das Geburtstagsgeschenk dieser Bande. Das Geschenk der Patentante waren die heiß ersehnten Eisen-Rollschuhe. Bei den Freundinnen ging  jedoch die Post ab. Knallerbsen und  Knallfrösche, auf dem Hof, kündigten sie an.  Von den Geschwistern auf der  gegenüber liegenden Straßenseite meines Hauses, bekam ich ein Poesie-Album mit dem Wunsch: “ Ein Häuschen aus Rosen, aus Nelken die Tür, den Riegel aus Veilchen, das wünschen wir Dir“.  Der Spruch war mit einem passenden Glanzbild versehen. Glanzbilder waren damals was Kostbares.

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Dazu gab es noch, welch Überraschung, eine große Tüte Gemischtes mit Klümpchen, Prickel Pit, Esspapier, Kirsch-Lutscher und zwei Tütchen Salmiak-Lakritz vom Büdchen. Mit den Salmiaklakritzen konnte man sich wunderbar einen Stern auf den Handrücken legen -ein TATTOO-  und dann genussvoll abschlecken.  Marlies schenkte mir die neue Schallplatte von Drafi Deutscher... „Teeny, ich schieß dir eine Rose“. Von Helga gab‘s ein Stück Rosenseife. Von Gabi einen eingelegten Rollmops mit dicker Zwiebel aus dem Glas, welches immer am Fenster des Büdchens stand und es gab von ihr –Überraschung- noch für 10 Pfennige loses Sauerkraut vom Metzger.  Das Highlight der Geschenke war aber der Hinkelstein aus italienischem Marmor. Hariet hatte ihn von ihrer Urlaubsreise aus Italien mitgebracht. Sie und ihre Eltern waren mit dem Gogomobil ihres Vaters bis nach Italien gefahren. Hariet auf  dem Rücksitz des Autos, immer ihre kleine Ziehharmonika dabei. Schon früh führte sie ein Vagabundenleben. Ich habe sie darum beneidet. In meinen Träumen war sie ein wenig Pipi Langstrumpf für mich...                                                                                                                Weihnachten nahte.  Recht geheimnisvoll ging es während der Adventszeit zu. Es wurde gehäkelt - ein paar Topflappen für die Mutter, die Schwester bekam eine schwarze, aus Bast gehäkelte Abendtasche fürs Theater. Ich konnte noch keine Socken für Vater stricken... er bekam Sumatra- Zigarren. Der Vorstellung, welches Geschenk für WEN passend wäre, waren keine Grenzen gesetzt.  Was würde ich wohl bekommen? Ach war ich neugierig...                                                                                Es  hatte schon früh angefangen zu schneien. Das leuchtende Weiß des Schnees verschönerte meine kleine, bunte Welt. Der Raureif kündigte sich im Garten an.  Es gab den ersten, gefrorenen Grünkohl zu essen. Die Vögel, die im POTT geblieben waren, pickten hungrig die Krümel der Käserinde die Vater beim Frühstück klein geschnitten hatte. Der Berger-See war zu gefroren, man durfte jetzt auf ihm Schlittschuhlaufen. Schlittenfahren war auch auf dem Beckeradberg (Geheimtipp)  angesagt...                                                                    Aber... halt, es fehlte ja noch der Tannenbaum für das Weihnachtsfest, denn ohne einen Tannenbaum?  kein Weihnachten – zumindest für mich nicht. Das wussten die  Eltern.  Es wäre das Weihnachtsgeschenk für mich!                Jedoch als ich  eines frühen Morgens am Schlafzimmerfenster stand, sah ich es mein Geschenk...  die EISBLUMEN (Winterhart).  Wunderschön  dahin gemalt, ein Wunder der Natur?   „Die Eiskönigin war da“ schrie ich in den Raum hinein. Doch der heiße Atemhauch von mir ließ die Eisblumen dahin schmelzen.                                            -3-

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Ja, die  POTTBLAGEN damals...  waren schon töffte.                                Könnte Cerwinski für Kumpel Anton gesächt ham... Ne

 

Aber wehe wenn sie losgelassen!

KINDERKARNEVAL...        IN DEN 1960er Jahren...

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Kommentare

  1. Sehr schön geschrieben. Ich konnte mich in die Zeit wunderbar zurückdenken. Es war auf keinen Fall alles schlecht. Ich habe eine ähnliche Kindheit im Pott erlebt. Einfach , wie wahrscheinlich im gesamten Land zu dieser Zeit.
    Glück auf

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