NACH MALTA DER SPRACHE WEGEN 4
Donnerstag, 25.11.1993
Gut geschlafen, man sollte doch abends mehr Wein trinken. Im Institut haben wir heute mit Gillian Reisebüro gespielt. Karl und Norbert waren die Travelagents. Klaus, Christina und ich spielten eine Familie auf der Suche nach einem Reiseziel. Nachdem alle Familienmitglieder unterschiedliche Vorstellungen von ihrem Urlaubsziel hatten, artete die Beratung, immer wieder von Gillian angestachelt, sehr bald in einen handfesten Familienkrach aus, der darin gipfelte, daß alle drei schließlich getrennt in Urlaub fahren wollten. Karl und Norbert als Travelagents saßen fassungslos vor der streitenden Familie und waren nicht in der Lage,uns auf ein gemeinsames Reiseziel zu einigen. Schon lange nicht mehr habe ich mit soviel Spaß auf Englisch gestritten.
Nach dem Unterricht unternehmen Ulrike und ich einem weiteren Versuch, per Fähre nach Valetta zu kommen. Wieder Fehlanzeige. Das Boot hat gerade seine Fahrgäste ausgeladen und fährt leer in die Hafenmitte, wo es vertäut wird. Quer über die Abfahrttafel ist schon wieder das Schild "Cancelled" geschraubt. Wir beschließen, die Fahrt nach Valetta auf den Samstag zu verschieben, dann haben wir auch mehr Zeit.
Ulrike hat nach der Schule immer Hunger, und so setzen wir uns in ein Lokal. Während sie eine Riesenportion Käsesalat vertilgt, schreibe ich wieder ein paar Karten. Danach wandern wir an der Strandpromenade entlang und bewundern den hohen Wellengang, der sich in haushohen Gischtwolken am felsigen Ufer bricht. Ein faszinierendes Schauspiel!
Im Hotel angekommen, schreibe ich den Rest meiner Karten. Dinner habe ich heute nicht geordert nach der.Pleite von gestern. Deshalb nehme ich meine Karten und bringe sie noch zum Briefkasten.
Beim abendlichen Bummel passiert mir ein böses Malheur: Ohne daß ich es merke fällt mir meine Tablettendose aus der Tasche und springt beim Aufprall auf. Alle Tabletten fallen auf die bereits dunkle Straße. Keine Chance, sie wiederzufinden. Jetzt habe ich noch gut zwei Wochen vor mir und keine Tabletten mehr gegen meinen Bluthochdruck. Hoffentlich geht das gut.
Zum Trost leiste ich mir ein leckeres Abendessen im "Grenadier Grill", wandere dann langsam zum Hotel zurück und verbringe den Abend mit den anderen Mitschülern an der Bar.
Freitag, 26.11.93
Grammarlesson mit Kitty wie immer. Gillian holt uns in den Videoraum und läßt uns den Film "A fish called Wanda" anschauen Von den Dialogen verstehe ich so gut wie nichts, der Handlung kann ich einigermaßen folgen. Für Montag will Gillian von jedem von uns ein 10-Minuten-Statement über den Film haben. Wie ich das zustande bringe, weiß ich noch nicht. Ich bin ziemlich frustriert über diesen Mißerfolg.
In der Pause erfahren wir, daß Marbek krank ist und eine andere Lehrerin sie vertreten wird. Wir haben aber alle keine große Lust mehr an diesem Freitagmittag und überzeugen Joan, die Vertreterin, uns lieber freizugeben. Schließlich bezahlen wir ja den Unterricht.
Im Hotel relaxe ich ein wenig und fahre dann mit dem Bus nach Valletta. Es ist sonnig und warm, der antiquierte Bus quält sich durch den dichten Verkehr um die Marsamxett-Bay herum und hält schließlich am Bus-Terminal von Valletta. Hier stehen in einem Riesenrondell um den gewaltigen Tritonenbrunnen hunderte von Bussen, alte und neue, kleine und große, und alle grün-weiß.
Ich wandere durch des große Tor hinein in die Hauptstadt Valletta. Die Strassen sind schachbrettartig angelegt. Mittendurch zieht sich die Republic Street, flankiert von einigen Parallelstraßen zu beiden Seiten. Diese queren dann im rechten Winkel alle anderen Straßen, die meisten schmale dunkle Gassen, in die nur wenig Sonmenlicht fällt. Die Stadt liegt auf einem Kliff, hoch über dam Meer, und es führen viele Treppen hinunter und wieder hinauf. Auch die Strassen selbst verlaufen oft steil bergab und bergauf.
Ich bummle church die Stadt bis zum St. Elmo Fort, sehe plötzlich Sliema zum Greifen nahe auf der anderen Seite der Bucht liegen, laufe am Wasser entlang um die halbe Stadt bis ich wieder an Bus-Terminal bin. Valetta gefällt mir nicht: Alles so eng und dunkel, und überall, wo eine Gasse breit genug für ein Auto ist, fahren auch welche hindurch. Auf den Gehwegen parken sie oft so dicht an der Hauswand, daß man auf die Straße ausweichen muß, um dort gleich wieder von der Hupe eines anderen verscheucht zu werden.
Ich flüchte mich in den Laden eines Silberschmieds und sehe ihm ein wenig bei der Arbeit zu. Mit geschickten Händen und feinen Werkzeugen formt er hauch-dünnen Silberdraht zu den zartesten Gebilden, wie Schmetterlinge, Sterne, Fische, sogar die typischen Fischerboote der Malteser und, nicht zu vergessen, Malteserkreuze in allen Größen und in feinster Filigranarbeit.
Fortsetzung folgt
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