Lilli II

Beim Italiener finden sie einen Tisch in der Ecke. Das Licht ist gedämpft und auf dem Tisch brennt eine Kerze. Feddersen bestellt Wein und eine Flasche Wasser. Als der Kellner die Gläser füllt sagt Feddersen: „Für mich nur Wasser, bitte.“
Lilli schüttelt den Kopf. „Herr Feddersen, wollen sie nicht mit mir anstoßen?“
„Ich trinke nicht“; sagt Feddersen. Kerzengerade sitzt er auf seinem Stuhl, ein hilfloses Lächeln in seinem gutmütigen Gesicht.
„Ich trinke sonst auch nicht, aber wir folgen doch keinen festen Regeln, oder?“
Der Kellner füllt Feddersens Glas und Lilli hebt ihr Glas um mit Feddersen anzustoßen.
„Auf uns“, sagt sie.
Feddersen lächelt widerstrebend, er befeuchtet kaum die Lippen.
Während Lilli ein Stück Brot zerkrümelt, bemüht sich Feddersen um die Unterhaltung. Tatsächlich gelingt es ihm, Lilli ein oder auch zwei mal zum Lachen zu bringen. Der Kellner stellt die Lasagne auf den Tisch und füllt ungefragt die Gläser nach.
Feddersen grinst. „Ich heiße übrigens Hans Günther. Wollen wir nicht du sagen?“
Lilli lächelt charmant. „Gerne, Hans Günther!“, und nimmt einen großen Schluck aus ihrem Glas.

Feddersens Wangen haben sich gerötet. Während sie beide mit dem Besteck hantieren erzählt er von seinen Reisen nach Griechenland und Rom, von einem Urlaub am Lago Magiore und einem aufregenden Erlebnis in den Bergen. Feddersen redet und redet, immer bemüht seinen Scharfsinn und Humor hervorzukehren und nichts anzusprechen, was mit ihnen beiden zu tun haben könnte. Schließlich ist er müde und schaut auf die Uhr.
„Lilli, weißt du eigentlich wie spät es ist?“, fragt er verwundert.
„Keine Ahnung“, sagt Lilli und betrachtet ihr leeres Glas.
„Halb elf!“ Feddersen schüttelt entsetzt den Kopf. "Wir haben total die Zeit vergessen. Lass uns schnell bezahlen.“
Lilli versteht nicht. „Hast du eine Verabredung heute Nacht?“
„Wie, Verabredung? Natürlich nicht. Aber um elf pflege ich im Bett zu liegen.“
„Und was passiert wenn du um elf nicht im Bett liegst?“
„Machst du Witze? Oder gehörst du zu den Frauen, die die Nacht zum Tag und den Tag zur Nacht machen. Du hast mir übrigens noch gar nicht erzählt welchen Beruf du ausübst.“
„Hast du mich danach gefragt?“
„Was willst du damit andeuten?“
„Nichts Hans Günther, gar nichts.“

Vor dem Hotel sagt Feddersen: „Für morgen hab ich mir was ausgedacht.“
„Fein Hans Günther, verrätst du mir was es ist?“
„Rund um Solingen verläuft der Klingenpfad. Wir können den ganzen Tag wandern.“
„Ja, da werde ich jetzt erst mal zu Bett gehen. Danke Hans Günther für das nette Essen!“
„Gute Nacht Lilli, schlaf gut. Um neun hol ich dich ab.“
„Warum nicht um acht?“, fragt Lilli scherzend.

Feddersen läuft quer durch die ganze Stadt zu seiner Wohnung. Es hat zu regnen angefangen. Er springt über Pfützen und balanciert den aufgespannten Regenschirm über seinem Haupt. Lilli, wie süß sie ist, denkt er. Eigentlich weiß ich so gut wie nichts über sie, fällt ihm ein. Frauen sind schon komisch. So verschwiegen und geheimnisvoll.

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Kommentare

  1. ein guter anfang einer geschichte von zwei, die sich vielleicht mögen. wie geht es weiter?, mich würde schon die fortsetzung interessieren

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