Lingnerschloss

  • Lingnerschloss

     Constantia antwortete vor 3 Jahren, 7 Monate 2 Teilnehmer · 2 Beiträge
  • Constantia

    Organisator
    13. September 2020 um 10:23

    Ich hatte das Lingnerschloss kürzlich schon bei einem meiner Stadtbummel erwähnt und da heute der Tag des Tag des offenen Denkmals ist, fiel mir ein, ich habe 2017 mal für eine Bekannte eine Zusammenfassung über das Schloss gemacht. Vielleicht für alle, die aus gesundheitlichen Gründen oder in Folge der Dame Corona kein Denkmal besuchen können und doch gern möchten, ein kleiner Ersatz. Nur nach den Bildern muss ich noch etwas suchen Face With Monocle. Sie haben sich unter irgendeinem Stichwort versteckt, diese Schlingel.

    Die Geschichte von Schloss Albrechtsberg und dem Lingnerschloss sind eng verbunden. Dresden verdankt diese haupts ächlich einer Liebesgeschichte. Prinz Albrecht von Preußen, Bruder des späteren deutschen Kaisers Wilhelm I., hattein zweiter Ehe die Hofdame Rosalie von Rauch (später Gräfin von Hohenau) geheiratet. Das war ganz und gar nicht standesgemäß und so entschloss sich der Prinz mit seiner Gemahlin den Hof zuverlassen. Das Paar samt Gefolge machte sich auf nach Sachsen. Beziehungen war auch schon damals alles. Freifrau Ernestine von Stockhausen, die Gattin des Kammerhern des Prinzen Albrecht ist es zu verdanken, dass das preußische Paar sich auf dem Anwesen am Elbhang ein neues Zuhause errichten können. Ursprünglich gehörte das Gebiet zum kurfürstlichen Jagdrevier. Später 1802/1803 hatte der 7. Earl of Findlater sich in den Hang und den dort angebauten Wein verliebt. Es gab erhebliche Widerstände der ansässigen Weinbauern. Aber nichts desto trotz entstand 1805 das Palais Findlater. Der Besitzer starb 1811 und vererbte diesen Grundbesitz seinem deutschen Sekretär. Danach gab es einige Besitzerwechsel bis die Preußen vom Elbhang Besitz ergriffen. Prinz Albrecht brachte nicht nur seine Ehefrau mit, sondern auch den Berliner Architekten Adolph Lohse, seit 1849 Königlicher Landbaumeister. Dieser hatte sich bereits in Berlin einen Namen gemacht bei der Neueinrichtung einiger Räume im Prinzessinenpalais und hatte die Bauleitung beim Bau der Strafanstalt Moabit in Berlin.Von 1850 bis 1853 bzw. 1854 wurde das alte Palais abgerissen und es entstanden unter seiner Leitung die Villa Stockhausen (später Lingnerschloss genannt) und das Schloss Albrechtsberg in Dresden. Für das Prinzenpaar war das Schloss Albrechtsberg vorgesehen. Als “Dienstwohnung” erhielt Kammerherr Stockhausen in unmittelbarer Nähe eine standesgemäße Villa. Beide Gebäude im Baustil des Berliner Spätklassizismus. Dresden – eigentlich bekannt als Barockstadt – hat eine Reihe von Bauten des Klassizismus. Es sei hier auf die Altstädter Wache z. B. verwiesen. Eduard Neide, Gartenarchitekt dieser Zeit, übernahm die Gartengestaltung am Elbhang. Ein nicht leichtes Unterfangen auf dem metertiefen sandigen Boden. Ursprüngliche, recht außergewöhnliche Pläne für das Schloss, aber sicher auch für die Villa Stockhausen mussten fallen gelassen werden. Der Freiherr konnte die Schönheit der Villa und deren Lage jedoch nur kurz genießen. Er starb 1853. Die Familie blieb noch bis 1891 dort wohnen. Danach erwarb der Dresdner Industrielle Bruno Naumann (Fa. Seidel & Naumann) Villa und Grundstück. Wir haben die Zeit der Industriealisierung. Erfolgreiche Unternehmer aus dem Bürgertum wollen nun auch ihren Erfolg und Reichtum zeigen. Typisch für diese Zeit, ein Handwerker in einer kleinen Werkstatt wird ein Unternehmen schaffen, dass noch heute bekannt ist (Nähmaschinen). Inzwischen gehörte Naumann auch der Ersten Ständekammer des Sächsischen Landtags an. Im Jahre 1906 erwarb Karl August Lingner das Gebäude. Er stammte aus Magdeburg, geboren 1861. Seine Versuche in der Musik, später als Vertreter Fuß zu fassen, sind nicht von Erfolg gekrönt. 1885 strandet er mittellos in Dresden. Hier gründete er in einer Gartenlaube zusammen mit Georg Wilhelm Kraft die Firma Lingner & Kraft. Wasch- und Frottierapparate gehörten u. a. zu den Erfindungen. Aber erst als Lingner von dem Chemiker Richard Seifert die Vermarktung eines Antiseptikums angeboten wurde, machte er allein weiter und gründete 1892 die “Dresdner Chemische Laboratorium Lingner”. Ihm gelang es, aus dem Mundwasser in einer besonderen Flaschnform etwas zu machen, was noch heute “in aller Munde” ist. Das Mundwasser “Odol” gehörte zukünftig zur Hygiene. Mit dem Erfolg kam natürlich auch die Erweiterung der Produktpalette und der finanzielle Erfolg. Er erwarb die Villa Stockhausen, die nun schon bald “Lingner-Schloss” genannt wurde. Nicht zuletzt wegen der vielen Umbauten und Ideen. Das Außergewöhnlichste war wohl eine private Standsteilbahn ins Tal, ein kleiner Privatzoo und auch die Nutzung des Telefons. Mit Lingners Tod 1916 verschwand dann aber vieles wieder. Folge u. a. Stilllegung und Abtragung des privaten Verkehrsmittels. Aber diese Idee lebt immer mal wieder auf – dann meist im Zusammenhang mit dem Fernsehturm. Lingners Zuhause entwickelte sich zu einem Treffpunkt bedeutender Persönlichkeiten. Der Dirigent Ernst von Schuch, der Komponist Giacomo Puccini waren zu Gast. Aber auch Gustav Stresemann. Der ehemalige Stadtbaudirektor Hans Pölzig entwarf nach dem Tod Lingners ein Mausoleum, die Relief-Figuren sind von Georg Kolbe. Zu finden ist das ganze im unteren Teil des Parks. Lingner ist es zu verdanken dass die I. Internationale Hygiene-Ausstellung 1911 in Dresden stattfand. Die Gesundheit der Bevölkerung lag ihm am Herzen. Projekte wie der Verein “Kinderpoliklinik mit Säuglingsheim in der Johannstadt, die Zentralstelle für Zahnhygiene, die Gründung einer bakteriologischen Abteilung (später “Sächsisches Serumwerk AG”) und die Idee des Deutschen Hygiene-Museums ist mit seinem Namen verbunden. Allerdings die Realisierung 1930 erlebte Lingner nicht mehr. Der Architekt Wilhelm Kreis war mit Lingner gut bekannt, hatte sich bei der Gestaltung des Lingner-Schlosses mit eingebracht. Er setzte Lingners Werk indirekt fort, als er auch als Architekt des Hygiene-Museums agierte. Karl August Lingner verfügte, dass das Schloss nach seinem Tod in den Besitz der Stadt Dresden bergeht. Immer zugänglich für die Öffentlichkeit. Es fanden diverse Veranstaltungen wie Tagungen und Konzerte statt. Dem Zweiten Weltkrieg musste das Schloss auch seinen Tribut zollen, es wurde Reservelazarett. Den Bombenangriff muss es relativ unbeschadet berstanden haben. Typisch für die Zeit nach 1945 war die sicher die nicht immer angemessene Nutzung des Hauses, wie z. B. Studentenwohnheim der Arbeiter- und Bauernfakultät. Ab 1957 war es dann Heimstadt des Dresdner Klub bzw. ab 1972 Klub der Intelligenz,ein Treffpunkt von Künstlern, Wissenschaftlern und anderen namhaften Persönlichkeiten der Stadt. Es wurde sozusagen eine Lingnersche Tradition fortgesetzt. Mit der Nutzung war dann leider auch ein für die Zeit typischen Umbau des Gebäudes verbunden. Die historische Innenausstattung wurde entfernt und war für immer verloren. Die Pläne nach der Wende hatten eine breite Palette. Spielbank, Gaststätte, Internationale Schule, Zentrum für Bio-Technologie. Nichts davon wurde realisiert. Dornröschenschlaf drohte. Als sich 2002 ein Förderverein gründete gab es wieder Hoffnung für das Gebäude. Schritt für Schritt, Raum für Raum geht es mit der Sanierung vorwärts. Inzwischen finden wieder regelmäßig Veranstaltungen im Hause statt. Zu dem Komplex des Schloss Albrechtsberg und dem Lingnerschloss gehören eine Reihe von Wirtschaftsgebäuden. Von der Terrasse des Schlosses hat man bei entsprechenden Wetter einen weiten Blick Richtung Sächsischer Schweiz und Erzgebirge und natürlich über Dresden. Schloss Albrechtsberg, Lingner-Schloss und Schloss Eckberg, im Volksmund die Albrechtsschlösser genannt gehören zu den Sehnswürdigkeiten abseits vom Zentrum der Stadt Dresden.

    Allen einen schönen Sonntag mit noch schöneren Erlebnissen

    Constantia

    • Dieser Beitrag wurde am vor 3 Jahren, 7 Monate von  Constantia geändert.
    • Dieser Beitrag wurde am vor 3 Jahren, 7 Monate von  Constantia geändert.
Beitrag 1 von 1

Sie müssen angemeldet sein, um zu antworten.

Hauptbeitrag
0 von 0 Beiträge June 2018
Jetzt

Verstoß melden

Schließen