[Igel3]

Warum denke ich gerade heute daran ? ich weiß es nicht !

Aber sicher kein Zufall, denn irgendwie hat alles einen Sinn und ich möchte heute eine erlebte kleine Geschichte schreiben.

Es ist schon ein paar Jahre her, da war ich wegen einem Patiententreffen in Berlin. Ich hatte noch viel Zeit, bevor mein ICE wieder Richtung Heimat fährt und ich wollte noch einmal zurück an den Ort, wo ich als junges Mädchen als Kindermädchen bei einem prominenten Filmproduzenten gearbeitet hatte.

Ich fuhr also nach Zehlendorf, um noch einmal die schöne Villa in der Fürstenstraße zu sehen. Und vielleicht wohnt mein ehemaliger Arbeitgeber ja noch dort. Dann würde ich bei ihm klingeln.

Nein, er war verzogen, das berichtete mir ein alter Herr, der Vermieter dieses Hauses war.

Ich fuhr zurück in die Innenstadt und durchstreifte eine Straße, natürlich gönnte ich mir zuvor eine echte Berliner Currywurst. Ach, war das schön in Berlin, ich schwelgte in Erinnerungen.

Über 45 Jahre waren vergangen … naja, so ist das Leben.

An einer Straßenecke saß ein Mann mit einem Hund. Vermutlich ein Obdachloser. Ich blieb einen Moment stehen, denn sein bunter Hut faszinierte mich. Und auch der wunderschöne Hund, ein Labrador, allerdings in blond/schwarz gescheckt, was etwas ungewöhnlich war. Genau wie sein Herrchen. Der fast leere Hut, der davor lag, erweckte mein Mitgefühl. Ich zog meine Geldbörse heraus und nahm einen 10-Euroschein heraus, den ich in den Hut warf und ging weiter.

Hallo, bitte warten Sie ! rief der Mann hinter mir her. Ich blieb stehen und sah ihn an.

Er holte eine Flöte aus seinem Rucksack – eine Panflöte ! und sagte: das spiele ich nur für dich ! und er spielte das schönste Lied, was ich jemals gehört hatte. El Selecio oder so ähnlich. Ich war so gerührt, dass mir die Tränen kamen. Zurück zum Bahnhof war ich ziemlich durcheinander und konnte dieses Erlebnis kaum ausblenden.

Und heute fiel es mir wieder ein, fast genau auf den Tag vor 10 Jahren !

[Unbekannt]

Eine sehr berührende Geschichte. Du hast sie geschrieben, diese Gesichte und ich hab sie gelesen und die Panflöte gehört! Dafür danke ich Dir!

Athene

[realo]

Geschichten erlebt haben, ist schon toll und sich ganz bewusst durch Aufschreiben oder veröffentlichen an sie erinnern, macht sie realistisch und nachvollziehbar. Auch ich habe viele Geschichten in Berlin erlebt, bin dort aufgewachsen, jedoch schreibe ich meisten nur über Dinge, die ich auf diese Art des Mitteilens loswerden möchte. Deshalb bin ich ein positiv empfindender Mensch, jedoch wird mir unterstellt ich schreibe zu düster und zu böse. Es stimmt in gewisser Weise, ich provoziere gern das Negative aus dem Versteck, das mag nicht jeder. Jedoch, so eine rührende Geschichte über einen Obdachlosen kommt eigentlich bei jedem Leser in der Seele an. Jeder denkt, der arme, was bin ich besser dran, zumindest was den Besitz von Hab und Gut angeht.

[anneg]

@Igel 3, eine schöne Geschichte. Manchmal erlebt man etwas wo rüber man lange Nachdenkt. Lg anneg

[renata21]

@Igel , deine Geschichte hat mich tief bewegt, danke dass du sie uns erzählt hast.

Gruß renata

[Schnabela]

@Igel3

Es gibt Begegnungen, die im Gedächtnis haften bleiben. Auch Musikstücke, die sich im Ohr festbeißen.

Ohne Musik, aber mit einem Musiker, der freiwillig als “Obdachlos” mit seinem Hund in einem Wohnwagen lebte. Der Wohnwagen gehörte ihm nicht, der stand auf einem Campingplatz und wurde ganzjährig vermietet. Wir standen an der Endhaltestelle für Busse und wir kamen ins Gespräch.
Eine Begegnung, die ich nicht vergessen habe.

Ich glaube, es war dieses Musikstück, das du gehört hast:

https://www.youtube.com/watch?v=vhQeiDF9K7E El Silencio – Die Stille

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