Kopfrechnen nach der Methode des Großvaters

  • Kopfrechnen nach der Methode des Großvaters

     Carl75 antwortete vor 1 Jahr, 9 Monate 1 Teilnehmer · 2 Beiträge
  • Carl75

    Teilnehmer
    18. Juli 2022 um 13:07

    Die Rechenstunden

    Wir sollen Kopfrechnen lernen. Jetzt war das so genannte „Große ein Mal eins“ dran. Das Malnehmen der Zahlen von 11 bis 20. Die zehn Quadratzahlen von 11 x 11 bis 20 x 20 sind auswendig zu lernen.

    „Guten Morgen, alles hinstellen, wir rechnen!“

    Wer die Aufgabe zuerst gelöst hat, darf das Ergebnis laut rufen und sich bei richtigem Ergebnis setzen. Die anderen müssen weiterrechnen, bis nur noch wenige stehen oder sich alle hinsetzen dürfen. Es ist für einige eine Tortur, weil immer die Gleichen lange stehen und aus meiner Sicht vorgeführt werden.

    15 x 17 = 10 x 17 = 170 + 5 x 17 = 5 x 10 = 50 + 5 x 7 = 35.

    170 + 50 + 35 = 255.

    Ja, so soll ich das Rechnen, aber welcher arme Kopf kann alle die Zahlen im Kopf behalten und dann noch schnell die Lösung sagen?

    Mein Großvater erwischt mich, als die die Quadratzahlen stur auswendig lerne, damit ich auch mal schnell rechnen kann. Er lacht und ich darf meinem Opa einige Aufgaben stellen, die er sehr schnell ausrechnet.

    “Opa, wieso kannst du so schnell rechnen? Kannst du mir das auch beibringen, ich möchte in der Schule der Schnellste werden”.

    „Also das ist ganz einfach mein Junge. Wie viel ist 15 mal 16?”

    “15 mal 16? Ja das sind 15 mal 16, ja 10 mal 16 sind 160 und 5 mal 10 sind 50, das macht zusammen 160 und 50, das ist 210. Dann kommt noch 5 mal 6 dazu. 5 mal 6 sind 30. 30 und 210 sind 240.”

    “Um Gottes willen, wer bringt euch denn so einen Blödsinn bei? 15 mal 16 sind 15 plus 6 ist 21. Null dranhängen ist 210. 210 plus 5 mal 6 sind dreißig, macht 240.”

    Ich sehe es ein, Großvaters Methode ist schneller, besser und leichter. Die Übung macht den Meister und bald muss der Rektor erst noch rechnen, während ich schon das Ergebnis raus brülle.

    „Wie hast du das so schnell gerechnet? Ich gebe dir eine neue Aufgabe und du rechnest mir das laut vor“, befiehlt der Herr Lehrer. „15 x 15 ist gleich 15 + 5 ist gleich 20. Null anhängen ist gleich 200 plus 5 x 5 ist gleich 25 ist gleich 225“ antworte ich. Dann muss ich meine Rechnung an die Tafel schreiben.

    15 x 15 = 15 + 5 =20, eine Null anhängen = 200 + 5 x 5 = 225.

    Dann bekomme ich eine neue Aufgabe und soll 15 x 17 rechnen.

    15 x 17 = 15 + 7 =22, eine Null anhängen x 10 = 220 + 5 x 7 = 255.

    „Was ist denn das für eine Rechnung, rechne mir das Mal richtig vor, so wie ihr rechnen sollt“

    „15 x 17 ist gleich 10 x 17 ist gleich 170 + 5 x 17 ist gleich 5 x 10 ist gleich 50 + 5 x 7 sind gleich 35.

    Welche Zahlen muss ich jetzt noch zusammenzählen 150 plus 50 plus, plus“ konnte ich nur stottern, denn ich hatte die Zahl 35 bereits vergessen.

    Da ich meinen Rechenweg nicht exakt erklären kann, muss ich so rechnen, wie es der Lehrer will. Auch mein Großvater kann mir nicht erklären, warum seine schnelle Rechenmethode richtig ist, beziehungsweise warum sie so funktioniert.

    Aber der Herr Rektor, mein Klassenlehrer, will, dass ich, nachdem ich schnell das Ergebnis der Rechenaufgabe sage, dieses nach seiner Methode laut vorrechnen muss.

    „Guten Morgen, alles hinstellen, wir Rechnen!“

    Seine blöde, viel langsamere Methode kann ich nicht und habe sie auch nie gelernt. Immer wenn ich zuerst das Ergebnis weiß, führt er mich vor und ich muss nach seiner mir fremden Methode vorrechnen, die ich nicht kann. Also sage ich bald nur noch den Anderen die Ergebnisse vor und bleib selbst bis zuletzt stehen. Nach einigen Tagen bin ich des Spießrutenlaufens satt.

    “Du sollst aufstehen und mitrechnen!”

    “Ich stehe nicht auf und rechne auch nicht mehr mit. Entweder ich darf nach meiner Methode rechnen oder ich bleib von nun an gleich sitzen. Jeder in der Klasse weiß sowieso, dass ich der Beste im Rechnen bin.”

    Dass ich einfach sitzen bleibe beim Rechnen, gefällt dem Rektor gar nicht. Außerdem sage ich auch nicht mehr vor und so dauert ihm das Gehirntraining auch länger als vorgesehen. Also muss eine neue Rechenart her. Gehirntraining ist wichtig und für uns notwendig. Jetzt wird das Rechnen der Kettenaufgaben geübt. Zusammenzählen, Abziehen, Malnehmen und Teilen sollen eingeübt werden.

    “Wie viel sind 11 und 3 mal 4 weniger 8?”

    “15”, rufe ich schnell in die Klasse.

    “Falsch, wer hat das richtige Ergebnis?”

    “48”, höre ich nach einiger Zeit.

    “Das ist richtig.”

    “Wenn das richtig ist, fresse ich einen Besen. Da kommt 15 raus und nicht 48”, rufe ich laut.

    “Du hast das richtig gerechnet, rechne es einmal deinem Klassenkameraden vor!”, sagte der Lehrer. Stolz wie ein Pfau rechnet der angesprochene Schüler mir etwas vor und ich grinse bereits vor lauter Freude.

    “11 und drei sind 14. 14 mal 4 sind 10 mal 4 ist 40 und 4 mal 4 sind 16. 40 und 16 sind 56. 56 weniger 8 sind 48.”

    “Hast du es nun begriffen?”, fragt mich mein Klassenlehrer.

    “Ich ja, aber er nicht und Sie auch nicht”, antworte ich.

    Während er noch tief Luft holen muss, spreche ich weiter.

    “Punktrechnen geht vor Strichrechnen und nach dieser Rechenregel kommt da 15 raus. 3 mal 4 sind 12. 12 plus 11 weniger 8 sind 15.”

    “Diese Regelung gilt nicht für die Kettenaufgaben, sondern nur dann, wenn wir das schriftlich rechnen”, schnaubt der Lehrer.

    “Kopfrechnen so und schriftliches Rechnen so, da mache ich nicht mit. Das verwirrt und einige machen das dann in der schriftlichen Arbeit falsch. Entweder Punkt vor Strich oder nicht, aber nicht mal hü und mal hott.”

    “Du rechnest so, wie ich das ansage und sonst gar nichts!”

    “Richtig, ich rechne gar nicht”, ist meine für mich logische Antwort.

    Ich rechne wie angekündigt keine Kettenaufgaben mit. Die nächste Klassenarbeit gibt mir recht. Einige haben bei den Kettenaufgaben nicht daran gedacht, das Punkt- vor Strichrechnung geht und eine Fünf oder eine Sechs bekommen. Damit ist das Problem der mündlichen Kettenaufgaben mit Punkt- und Strichrechnung erledigt. Das seltsame Kopfrechnen ohne Berücksichtigung der Regel – Punktrechnung geht vor Strichrechnung – ist beendet.

    Mein eigenes Ergebnis kann ich nun im Zeugnis nachlesen, ich erhalte im Schuljahr 5, Klasse 5, Halbjahr 1, ein „ausreichend“ im Fach Rechnen und behalte diese Note auch im Halbjahr 2.

    Was ich daraus gelernt habe?

    Setze dich durch, bleib dir selber treu.

    Eine ungerechte Note ist unwichtig.

    Die Mitschüler wissen ja schließlich, wer besser rechnen kann.

  • Carl75

    Teilnehmer
    18. Juli 2022 um 13:36

    Später, erst viel später war ich in der Lage die Rechenmethode meines Großvaters zu erklären, aber damals in der Volksschule fehlte mir das entsprechende Grundwissen.

    (a + b) (a + c) =

    a² + a*c + b*a + b*c =

    (a + b + c)a + (ab) =

    (10 + 5) (10 + 7) =

    10² + 10*7 + 5*10 + 5*7 =

    (10 + 5 + 7)10 + (5 * 7) =

    (15 + 7)10 + (5 * 7) =

    220 + 35 =255

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