Indigenous Faces of Malaysia

  • Indigenous Faces of Malaysia

     seestern47 antwortete vor 4 Jahren, 8 Monate 5 Teilnehmer · 12 Beiträge
  • Driftwood

    Teilnehmer
    26. Februar 2021 um 15:02

    Es war eine durchwachte Nacht im Taman Negara National Park.

    Sunderstrom and heavy rain. Wer das im Regenwald schon einmal erfahren hat, weiß wovon ich spreche.

    Ich hatte das Gefühl, als würden unentwegt Säcke mit Reis auf das Strohdach geschüttet werden.

    Regen prasselte auf riesige Blätter, dann neigten sie sich und ein Schwall Wasser platzte zu Boden.

    Kleine, unsichtbare Wesen zollten diesem Spektakel noch Beifall – Zirkaden sind die Sirenen des Waldes.

    Mit Tagesanbruch hatte das Tropfenspektakel ein Ende. Und mit den ersten Sonnenstrahlen erhoben sich dichte Nebelschleier über den Fluss. Eine mystische Bootsfahrt endete und ich stieg um.

    Drei Mann in einem Jeep und es war Sonntag.

    Es sollte noch einen Stopp geben, der – so versprach mir mein Guide, etwas Besonderes sein würde.

    Er nannte es, schon beinahe im Vertrauen – Indigenous Faces of Malaysia

    Part1

    Mein Guide bedeutete mir, genau hier zu verharren. Doch wo war ich denn – genau hier?
    Verstreute Reste eines sicher einst üppigen Regenwaldes, dessen Stämme in harte, rissige Erde endeten.
    Dazwischen, wie von einer groben Hand zerstreut: Bambus, Bretter, Wellblech, Plastik und Gummireste.
    Hier nun sollte ich mit ihnen zusammentreffen. Nein, nicht in ihrem Wald, im Herzen des Taman Negara National Parks, von welchem ich gerade kam. Sondern genau hier.
    Vorher jedoch – und er bat mich mit Nachdruck, sollte ich für die Kinder Geschenke kaufen.

    Ein kleiner Stand, eher eine Ansammlung von überdachten Brettern am Straßenrand war der Supermarkt der täglichen Dinge. Sojamilch, Sojasweets, Zahnpasta, kleine Gummifiguren, Zopfhalter und etwas Schokolade. Letzteres erwies sich als schwierig.
    Ich tat, wie empfohlen und war mir dennoch nicht sicher, ob ich mein Geld richtig angelegt hatte.

    Seine kurze Handbewegung verstand ich gleich. Ich ließ meine Kamera unberührt, ja unsichtbar – noch.
    Dann stellte mein Guide mich ihnen vor. Freundlich und zurückhaltend sahen mich die beiden Männer an.
    Dann verbeugte ich mich zum Dank. Soeben erlaubten sie mir, in ihr Dorf einzutreten.
    Gast zu sein in einer kleinen Gemeinde der Orang Asli.

    Part2

    Noch ehe ich ins eigentliche Dorf gelange, erblickte ich zerfallene Häuser, manchmal nur noch Grundmauern aus Beton und Ziegeln, überwuchert vom Grün des Waldes. Keines Bildes wert.
    Ich erfahre, dass dies der klägliche Rest eines Versuches war, den Orang Asli ein “Zuhause” zu schaffen, sie sesshaft werden zu lassen und damit ein Teil der anderen; modernen Kultur zu werden.
    Wie oft in unserer Geschichte ist das schon schief gegangen!
    Dann näherte ich mich langsam und “völlig unbedarft” ihrem wirklichen Leben und erfahre sehr bald, wie wundervoll sie sind.

    Part3

    Noch blieb ich unentdeckt, genoss diesen Moment mit Gesichtern aus einem scheinbar unbekümmerten Leben.
    Ob sie wohl die Wurzeln ihrer Eltern und Großeltern weiter pflegen und danach leben werden?
    Ist das Streben nach immer mehr gepaart mit Konsum wirklich unvermeidbar?
    Wird ihnen ihr karges Land reichen, oder lockt das Leben in Beton und Bars?
    Zu viele Fragen, in diesem Moment, der so unbefangen und glücklich scheint.

    Part4

    Kann es an diesem Ort Tränen geben?
    Was ist mit der Hektik des Tages, am frühen Morgen vor der Schule oder vor dem Zubettgehen?
    Gibt es eine Beschränkung oder gar ein Verbot für: Fernsehen, Handy oder Gameboy?
    Was ist mit dem Neid: Was andere Kinder haben, will ich auch!
    Wie feiern sie ihren Geburtstag, bekommen sie Geschenke?
    Tränen gibt es sicher auch an diesem Ort.
    Die anderen Dinge stammen aus einer anderen Welt.

    Part5

    Im Dorf gibt es einen kleinen Platz, der früher sicher der Mittelpunkt ihres Lebens war.
    Hier ließ ich mich nieder, gleich neben dem verfallenen und trockenen Brunnen.
    Es war Zeit für die Geschenke, die ich im Rucksack hatte, zeigte sie mit offener Hand.
    Die Situation war eine Mischung aus Vorsicht, Neugierde und dem kindlichen Verlangen nach bunten Überraschungen.

    Part6

    Was würdest du deiner Tochter sagen, wenn sie dich so anschaut, doch ihre Zukunft ungewiss ist?
    Was würdest du tun, wenn sie ihr Kleid beim Spielen zerrissen hat, der großen Schwester Kleid ihr jedoch noch passt? Passen muß.
    Wie wirst du dich fühlen, wenn du alt bist und sie dich pflegt, am gleichen Ort, wie du es bei deiner Großmutter getan hast, mit einem Enkel wie sie?

    Part7

    Reihum verteilte ich meine kleinen Geschenke, wie es mein Guide empfahl.
    Ohne Streit oder Drängeln streckten sich mir kleine Hände entgegen.
    Mir schien, als würde das süße Sojagetränk der Renner sein.
    Worte des Dankes, so nahm ich an, leise und mit heller Stimme; Worte die ich nur mit einem Lächeln erwidern konnte.
    Es war ein früher Vormittag und ich fragte mich, warum sie keinen Kindergarten, keine Schule besuchten – trotz staatlicher Fördermittel.

    Das Bild wird morgen kein anderes sein.
    In diesem Moment war ich jedoch froh darüber.

    Part8

    Während ich ihrem offenen und interessierten Blick begegne, fragte ich mich, wieviel Parallelen es wohl zu unserem Leben gibt.
    Früher lebte ich eine bestimmte Zeit aus zwei Koffern, bestehend aus Büchern und Kleidung.
    Heute gründet sich mein Dasein auf Formen, Inhalte und Prinzipien, mehr oder minder strikt und fest.
    Ich bin angekommen – irgendwo.
    Diese junge Frau verbrachte vielleicht ihre Kindheit noch in den Weiten des Regenwaldes von Taman Negara.
    Ihr Nomadenleben hat ein Ende gefunden – so scheint es.
    Sie klopft beherzt den Teppich, er gehört auf Brettern ihres Hauses, fernab der Weiten des Dschungels.
    Sie scheint angekommen zu sein, in ihren übergroßen Flip Flops.

    Part9

    Die Momente verrannen, Flüchtigkeiten für die Ewigkeit. Doch nun wurde es Zeit zu gehen.
    Ich bedankte mich bei den alten Männern, die mir erlaubten, ein Stück aus dem Leben der Orang Asli zu erfahren und festzuhalten – Eindrücke aus einer anderen Welt.
    Und doch fehlte etwas in dieser Gemeinschaft. Es waren die jungen Männer, die Ehemänner der Frauen und die Väter der Kinder.
    Waren sie Fischen oder Jagen, beim Glücksspiel? Es fiel mir schwer, dies zu glauben.
    Vielleicht waren sie in Kuala Lumpur und teerten den Asphalt einer neuen Straße.
    Vielleicht jonglierten sie auf einem Bambusgerüst, befestigt an einer Hochhausfassade in Singapur.
    Vielleicht balancierten sie über Stahlträger eines neuen Hotels in Dubai.
    Wo auch immer sie waren, sie fehlten in dieser Gemeinschaft.

    Es waren drei Männer im Jeep nach Kuala Lumpur.

    Einer war nun nicht mehr derselbe.

    Ps. Die Aufnahmen wurden mir ermöglicht, weil die Dorfältesten mir die Erlaubnis erteilten. Zumeist wurden sie jedoch aus einiger Entfernung mit einem Teleobjektiv gemacht. Dennoch gaben mir einige Dorfbewohner zu verstehen, dass sie nicht fotografiert werden wollten. Es waren zumeist Frauen. Das habe ich respektiert.

  • Piccoloechen

    Teilnehmer
    1. März 2021 um 0:12

    Danke für deinen Beitrag über die Eindrücke an diesem Tag bei den Indigenous von Malaysia @Driftwood !

    Deine Fotos sind sehr aussagekräftig, fangen die emotionale Verbindung zwischen Mensch und Ort gut ein und eine gewisse Zurückhaltung ist in allen Gesichtern geschrieben, die jedoch gleichzeitig offen und aufgeweckt erscheinen.
    Die Kinder zumindest wirken auf mich, als erwarte sie sogleich ein Abenteuer nach dem anderen.
    Und die beiden Männer strahlen eine gewisse Zufriedenheit aus.
    Hast du denn niemanden fragen können, wie ihr alltägliches Leben aussieht? Hätte ein bisschen mehr darüber gewusst, denke jedoch, dass dies nicht dein letzter Bericht gewesen ist und freue mich jetzt schon auf den nächsten. Slight Smile

    Abendgrüße von Picco

  • seestern47

    Teilnehmer
    1. März 2021 um 9:21

    Die Porträts der Kinder sind fantastisch! So natürlich, direkt und sensibel. Ich kann mir die Szene beim Verteilen der kleinen Geschenke richtig gut vorstellen.

    VG

    seestern47

  • Driftwood

    Teilnehmer
    3. März 2021 um 10:10

    @seestern47

    @Piccoloechen

    Ich danke euch beiden für eure Zeilen und es freut mich, dass euch mein Beitrag berührt hat. Es gibt sicherlich noch mehr zu berichten, doch bin ich mir nicht so sicher, ob sie auch beachtet, gelesen und schließlich mit einer Reaktion versehen sein würden. Wie soll ich sagen; es ist – neben der Freude, Erlebnisse aufzuschreiben und vor dem Vergessen zu bewahren, ja auch eine gewisse Mühe, dies in einer passenden, persönlichen Form zu gestalten. So, dass es auch einen gewissen Reiz ausmacht, zu lesen, was ein anderer als erlebenswert betrachtet. Ihr wißt sicher, was ich meine. Hinzu kommt ein nicht unerheblicher Faktor: Zeit. Nicht irgendeine, sondern in diesem Fall, meine Lebenszeit. Klingt vielleicht etwas egoistisch. Doch sie ist die Basis für alles andere. Was ich damit sagen will ist: Ich freue mich über eure Teilnahme an meinen Lebenszeiterlebnissen! Ich frage mich nur, warum in dieser Gruppe der Schreibenden so wenig geschrieben wird und noch weniger geantwortet. Nun, vielleicht liegt es daran, dass die täglichen Abläufe des Tages eine weitaus größere Akzeptanz haben und dies hier eher eine Nische ist.

    Ich habe dennoch einige Geschichten in der Schublade, die bis dato nur einem kleinen Kreis zugängig waren. Wenn sie hier erscheinen, wird das sicher so bleiben.

    Kurz noch zu den Menschen, die ich besuchen durfte: Sie sind freundlich, zurückhaltend und friedlich gegenüber allen, die sie auch so behandeln. Eigentlich sind sie Nomaden und leben von den Dingen, die der Regenwald ihnen gibt. Sie leben auf eine “moderne” Art sehr klimaneutral und nachhaltig. Ihre Bräuche und Sitten sind wie überall – manchmal seltsam, manchmal unverständlich und manchmal, so scheint es grausam. Würde man sie fragen, wie sie unser Leben betrachten, wäre es sicherlich genauso. Wie in vielen Teilen der Welt, hatte man versucht, auch sie sesshaft werden zu lassen, mit festen Bauten, einem Brunnen, freie Schulbildung und andere Dinge, die zu einer modernen Gesellschaft dazugehören. Kann man Urvölker zwingen oder in Formen einpassen? Sie leben ihr Leben und manchmal darf man einen kurzen, oberflächlichen Blick darauf werfen. Und, wenn ich ehrlich bin, wäre ich gern etwas länger dort geblieben. Denn sie vermittelten mir so etwas die “heile Welt”. Viele Grüsse, euer Driftwood

  • Driftwood

    Teilnehmer
    3. März 2021 um 12:34

    @Syringia , liebe Syringia – ich danke dir ganz herzlich. Wenn man sich erst einmal vom Lachen erholen muß, dann ist es wohl das Beste, was einem passieren kann. Dann hoffe ich, du bist wieder wohl auf und zu einem neuen Lachen bereit. Ja, ich kann dir nur zustimmen – das Leben ist wohl auch für sie hart. Es ist wohl eher hart geworden unter den Umständen, die wir oder besser die malaysische Regierung ihnen vorgegeben haben. Sie wurden des Rohstoffs beraubt – ihres Waldes. Sie stehen in Rampenlicht der Öffentlichkeit, obwohl sie es garnicht wollten. Sie wurden “unter Naturschutz” gestellt und gleichzeitig mit den Dingen aus der modernen Welt “versorgt”. Was ist ihnen geblieben? Ihre Sprache und eventuell ein Teil ihrer Kultur. Es bleibt die Frage, ob beides auch noch für die Kinder von Bestand sein wird. Ich habe da eher meine Zweifel. Im nächsten Beitrag bewege ich mich durch Darwin, Northern Territory, Australia. Es war auch nur ein Job mit vielen Nuanchen……Viele Grüsse, Driftwood

  • Momo37

    Teilnehmer
    3. März 2021 um 12:34

    Oh nein, lieber @Driftwood,

    Gelesen wurde es schon gleich..ABER, nicht immer auch vermag man sich darauf gleich einzulassen…

    einfach nur “bla-bla” möchte man auch nicht..also..bleibt es erst mal wie “zur Kenntnis genommen”….Grinhatte gerade Probleme technischer Art durch neue Fritzbox und noch immer funktioniert das Telefon nicht…von Anbieterseite her, bin genervt, und schließlich ja auch nicht mehr die Jüngste.

    Nun aber nehm ich mir die Muße…..Wenn man die Bilder sieht und sich hineinversetzt, muß man feststellen, wie weit wir uns doch von dieser “heilen Welt” entfernt haben in unserer “Ich-Gesellschaft”..in der nicht mal alle Bürger einfache Entbehrungen vorübergehend einer zumal gefährlichen Pandemie hinnehmen wollen !

    Dennoch maßen wir uns an, über diesen einfachen und offen-ehrlichen Menschen zu stehen. Verkaufen sie oft genug noch für dumm und drehen ihnen dann solche Dinge an, wie @Syringia beklagt..billige T-Shirts, usw. -Dinge aus buntem Plastik , die eigentlich gar nicht zu ihnen passen.

    Das wirft schon Fragen auf

    zumal, wenn man dann noch im TV die Müllberge sieht, die wir wagen, in diese Länder zu entsorgen….ich hör jetzt lieber auf….

    danke für den Anstoß

    Momo

  • Driftwood

    Teilnehmer
    3. März 2021 um 12:49

    @Momo37 Liebe Momo, auch dir recht herzlichen Dank für deine Zeilen und Gedanken. Nun merke ich, dass diese und solche Themen gepaart mit ein paar Bildern auch berühren, zum Nachdenken anregen und einen Austausch erzeugen. Etwas, was ich mir immer sehr von meinen Beiträgen erhofft habe. Also, es wird weiter gehen – versprochen.

    Nun hoffe ich, dass du nicht mehr in der kommunikativen Steinzeit sitzt, die Bits und Byts wieder herumschwirren können, wie du es möchtest und der “alte Fritz in seiner Box” nach deiner Pfeife tanzt. Wir leben schließlich in einem technisch weit entwickeltem (Niemands-) Land. Viele Grüsse Driftwood

  • Driftwood

    Teilnehmer
    3. März 2021 um 16:08

    @Syringia Ein sehr emotionaler Beitrag von dir, liebe Syringia und ein sehr interessanter Artikel, den ich nun gelesen habe. Wenn man es auf einen Nenner bringen möchte, ist es in der fernen Zukunft so, dass möglicherweise die Naturvölker und einige anpassungsfähige Teile der Fauma und Flora es schaffen zu bleiben – ohne bleibende Schäden davon getragen zu haben. Viele Grüsse, Driftwood

  • seestern47

    Teilnehmer
    4. März 2021 um 9:22

    Hallo @Driftwood ,

    ich lese Deine Reiseberichte super gerne und ich bin mir fast sicher, dass das andere auch machen. Es ist eben leider so, dass viele lieber lesen als schreiben. Lass dich nicht irritieren! 😉

    Wenn ich etwas poste, so freue ich mich über Reaktionen und wenn nicht, dann ist es auch gut.

    Viele Grüße

    seestern47 SailboatSmiley

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